Räuchermännchen, Weihnachtspyramiden, Nussknacker – zu Weihnachten erinnert manch Deko-Objekt in hiesigen Stuben an das Erzgebirge. Aus gutem Grund, wie Tobias und Florian Hilbert von Arno Wolf erzählen. In ihrer Heimat hat das Kunsthandwerk eine jahrhundertealte Tradition. So sind es denn auch ursprüngliche Materialien, Formen und Proportionen, welche die Arbeit der Brüder bis heute beeinflussen. Neben den Werten des Grossvaters.

Stein, Holz, Messing, Glas und Wolle. Das sind die Materialien mit denen Tobias und Florian Hilbert gerne arbeiten. Florian schätzt besonders den Serpentin. «Weil der wie ein kleines Universum ist mit all seinen Einschlüssen. Zudem mag ich, dass er so kalt ist und glatt.» Bei Tobias ist es Eichenholz. «Das ist ein starkes Material, dessen Oberfläche man gut bearbeiten kann. Es ist strukturiert und dennoch schlicht.» Schlichtheit ist den Brüdern in ihrer Arbeit wichtig. Gemeinsam verkaufen sie unter dem Label «Arno Wolf» Designobjekte, die man auf den ersten Blick der Mitte des letzten Jahrhunderts zuordnen würde – würde das Messing nicht so glänzen, hätte das Holz mehr Spuren der Zeit und wäre da nicht der Bezug zum Heute.

«Tatsächlich sind unsere Entwürfe relativ unaufgeregt», erklärt Tobias. «Sie kommen selbstverständlich daher – bauen aber einen Spannungsbogen auf und haben einen gewissen Humor, einen kleinen Überraschungseffekt vielleicht.» Er meint damit zum Beispiel den Kerzenständer Lichtenau, der fragil wirkt und wacklig, der aber, nimmt man ihn in die Hand, ein überraschendes Gewicht aufweist und durch dieses Massive absolut standfest ist. Genauso ergeht es einem mit dem Tamper. Fast zwei Kilo wiegt das schlichte, schöne Objekt, mit dem man Kaffeepulver pressen, Nüsse knacken und gewiss auch ungebetene Gäste prima verjagen kann. 

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Von der Liebe zu Qualität und Ästhetik

Dass Tobias und Florian einen Hang zum Althergebrachten haben, liegt an ihrer Herkunft. Sie sind im Erzgebirge in der ehemaligen DDR aufgewachsen. Das hört man beim Sprechen, die Konsonanten kommen auch nach 20 Jahren in der Schweiz noch sympathisch weich daher. Ihre Heimat ist wichtig, weil sie für die Brüder prägend war. «Unsere Grosseltern hatten einen Schneidereibetrieb und es ging ihnen sehr gut», erzählt Tobias. «Allerdings konnten sie davon keine weiten Reisen machen und auch grosse Autos gab’s in der DDR nicht, also investierten sie in Kunsthandwerk.» «Ich erinnere mich gut an den grossen Messingaschenbecher im Wohnzimmer», ergänzt Florian. «Der diente uns immer als Lenkrad, wenn wir auf dem Sofa sassen.» Die Brüder grinsen. Ihre Grosseltern haben ihnen die Überzeugung vermittelt, hochwertige Sachen zu kaufen, die ihnen lange Zeit erhalten bleiben. Darum trägt ihr Label heute auch den Namen ihres Grossvaters: Arno Wolf. Weil ihr zeitloses Design geprägt ist von Handwerk, Qualität und Ästhetik. 

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Tobias (links) und Florian (rechts) in ihrem Laden an der Schanzenstrasse 4.

Dennoch; die Konsumfreude nach der Wende erreichte auch die Brüder Hilbert in Jugendjahren. «Unsere Schultasche aus Leder haben wir umgehend gegen einen Rucksack für 9 D-Mark 99 eingetauscht», schmunzelt Tobias. «der war dann nach einem halben Jahr kaputt, aber das war eine Erfahrung, die wir machen mussten. Uns ist erst viel später bewusst geworden, in welchem Schatz wir aufgewachsen sind.» Tobias studierte schliesslich in Leipzig Architektur, bevor er für ein Gastsemester nach Winterthur kam. Aus dem einen Semester in der Schweiz sind unterdessen knapp 40 und ein eigenes Architekturbüro geworden. Florian verliess das Erzgebirge, weil er auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz zum Koch just in Zürich fündig wurde. Nach der Lehre zog er für das Studium der Innenarchitektur nach Basel. Sein Bruder Tobias wohnte zu dieser Zeit bereits hier. 

Uns ist erst viel später bewusst geworden, in welchem Schatz wir aufgewachsen sind. Tobias Hilbert

 

Gutes Design findet Anklang

Dass die beiden gemeinsam «Arno Wolf» gründeten, drängte sich 2013 auf: «Alles begann mit dem traditionellen Adventsstern aus dem Erzgebirge», erzählt Tobias. «Den habe ich bei einem Weihnachtsfest im Büro verschenkt. Am nächsten Tag kamen 20 Leute und wollten auch so einen.» Sie begannen also, den schlichten Papierstern zu importieren. «Relativ schnell kam der Tisch dazu, den wir ursprünglich für uns selber gebaut haben», so Florian. «Bis mehrere Freunde auch so einen wollten …» Den Brüdern wurde klar, dass es für die Produkte, mit denen sie sich gerne umgaben, einen Markt gab.

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Heute gibt es bei Arno Wolf im St. Johann neben einer kleinen Kollektion an Möbeln auch Steinschalen, Pantoffeln, Schneidbretter, Kerzenständer, Merinodecken, eine Messerleiste oder das Basler Münster als Holzklötzli-Set zu kaufen. Und natürlich die legendären weissen Adventssterne. Ausser den Sternen, welche die Brüder nach wie vor importieren, sind sämtliche Arno-Wolf-Produkte in Basel designt. Serpentin, Ulmen- und Eichenholz zur Herstellung der Objekte kommen aus dem Erzgebirge. Die alte Heimat ist omnipräsent, auch wenn sich die beiden heute kaum mehr vorstellen können, die Schweiz zu verlassen. Ausser zu Weihnachten. 

«Die Weihnachtszeit im Erzgebirge kann man vielleicht mit der Fasnacht in Basel vergleichen. Die zieht sich über Wochen, es gibt viele spezielle Gerichte, Regeln und Traditionen», so Tobias. «Sämtliche Fenster sind beleuchtet mit Schwibbögen, Sternen und Eisenbahnen», schwärmt Florian, «es gibt sogar Bergmannsumzüge – obwohl es da seit 200 Jahren keinen Bergmann mehr gibt. Die Paraden ziehen mit Musik durch die Städte, wirklich wunderschön, sofern es Schnee hat!» Von schneereichen Weihnachten wagt in Basel niemand zu träumen. Doch zumindest lässt sich der erzgebirgische Weihnachtszauber mit den Sternen und Designobjekten von Arno Wolf ein wenig imitieren.

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