Im Laden läuft Jack Jones. Zylinder verführen in nostalgische Welten; Panamas verstärken das Fernweh: Risa setzt auf das traditionelle Hutmacherhandwerk und arbeitet auch hier in Basel mit bis zu 100 Jahre alten Maschinen. Wir haben die Tochter der aargauischen Hut-Familie, Valeria Huber, zum Interview getroffen.

Bei jedem Blick in euren Laden lacht mein nostalgisches Herz. Fliesst auch durch eure Körper eine Retro-Ader oder wie kommt man dazu, in der aktuellen Zeit einen Hutladen zu betreiben?

Es ist sicher so, dass auch wir eine Vorliebe für Nostalgisches haben. Der Hauptgrund für unser Geschäft liegt aber in einer langen Familientradition. Risa existiert seit 1919, seit den 40er-Jahren ist die Firma in Familienbesitz. Wir sind die dritte Generation. Unsere Mutter hat schon immer dort gearbeitet; und mein Bruder hat 2010 das Steuer gemeinsam mit ihr übernommen. Altes Handwerk liegt uns am Herzen. Und das ist im Hut-Business definitiv wichtig.

Habt Ihr in dem Fall bereits als Kinder mit angepackt?

Nein, als Kinder haben wir nicht wirklich bei der Arbeit geholfen. Vielmehr waren wir mit Versteckenspielen im Lager beschäftigt. Oder mit dem Verkleiden mit Hüten.

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Es gab eine Zeit, da bedurfte das Tragen eines Hutes auch Mut. Seit ein paar Jahren scheint die Kopfbedeckung jedoch wieder im Trend zu sein. Wie siehst du das: Wer trägt wann und wieso Hut?

Es ist durchaus so, dass das Tragen von Hüten in den letzten fünf bis acht Jahren wieder recht Mode wurde. Und zwar in den unterschiedlichsten Sparten, was ich echt lässig finde. Es gibt Leute, die ganz zweckmässig zum Hut greifen – weil sie beispielsweise draussen arbeiten. Oder dann aber die Menschen, die den Hut modebewusst und entsprechend vielseitig einsetzen. Der Trend des Hutes ist übrigens nicht nur in der Modewelt erkennbar, sondern auch in seiner Funktion als Sonnenschutz. Es scheint, als ginge unsere Gesellschaft bewusster mit diesem Thema um als auch schon. Entsprechend ist auch unsere Kundschaft durchmischt, das ist echt cool.

Wie sieht der aktuellste Trend aus?

Der Bob oder Bucket Hat ist gerade sehr in. Dieses Stoffhüetli. Auch die Klassiker, wie beispielsweise die Bogart-Form für die Männer, sind eigentlich nie aus dem Rennen. Auch Frauen greifen vermehrt wieder zum Hut.

Geformt werden die Hüte noch immer auf Holzformen; entweder durch Ziehen oder den Dampf des Bügeleisens.

Wie entsteht ein Hut denn heute?

Zuerst stellt sich die Frage nach der Hut-Art: Sommer oder Winter? Danach wird der Kopfumfang gemessen, bevor es an die Materialauswahl geht. Die Sommerhüte bestehen oft aus Stroh. Diese nähen wir beispielsweise in unserem Atelier noch selbst, auf einer alten Maschine. Auch die Filzhüte stellen wir nach wie vor selber her. Geformt werden die Hüte noch immer auf Holzformen; entweder durch Ziehen oder den Dampf des Bügeleisens.

Und wie lange dauert es ungefähr, bis so ein Strohhut gemacht ist?

Eine schnelle Näherin schafft das in circa 40 Minuten.

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Was! Ich habe an mehrere Tage gedacht …

Es kommt natürlich immer auf die Form und das Modell an. Zylinder sind beispielsweise deutlich aufwendiger, da wir sie mehrfach imprägnieren und trocknen lassen müssen, damit sie auch entsprechend hart werden.

Wie wird man denn Hutmacherin?

Die Lehre als Modistin ist der klassische Weg. In der Schweiz gibt es aber zwischenzeitlich nur noch eine Ausbildungsstätte.

Was würdest du machen, wenn du nicht Hüten machen würdest?

Irgendwas anderes Handwerkliches und Kreatives.

Wir flechten das Stroh für gewisse Hüte auch selbst.

Woher stammen die Materialien, mit denen ihr arbeitet?

Leider findet man in der Schweiz fast keine Materialien mehr, ausser gewisse Bordüren oder Bändeli. So stammt unser Filz aus Portugal, die Panama-Cloches natürlich aus Ecuador und der Stroh aus dem asiatischen Raum. Auch aus den USA kommen Materialien. Wenn wir die Materialien hier in der Schweiz beziehen könnten, würden wir das natürlich gerne machen. Doch leider ist dieses Handwerk der Hutgeflechtindustrie, früher ein grosser industrieller Zweig im Freiamt, bei uns irgendwie verloren gegangen. Deshalb flechten wir das Stroh für gewisse Hüte auch selbst. Aber das hat natürlich seinen Preis.

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Wie ist euer Familienbetrieb mittlerweile aufgestellt?

Der Betrieb wurde in den letzten Jahren deutlich kleiner. Ganz am Anfang wurden nämlich beispielsweise noch Regenmäntel produziert. Das Geschäft stand kurz vor dem Aus, als mein Bruder und meine Mutter nochmals einen Schritt wagten. Zum Hauptsitz in Hägglingen (AG) kamen auch die Eröffnungen von eigenen Verkaufstellen dazu: Vor sechs Jahren in Zürich und vor zwei Jahren in Basel. Blöderweise fand dieser Neustart in Basel kurz vor der Corona-Krise statt.

Was hat euch denn nach Basel gezogen?

Das war eigentlich ein Zufall. Mit Schwarz Modes wurde das Haus ja bereits zuvor von einem Hutmacher belebt. Herr Schwarz, ein Bekannter von uns, hat uns angefragt, ob wir seinen Laden nicht übernehmen wollten. Wir dachten: Why not? Praktisch ist ausserdem, dass die Produktion auch gleich hier stattfinden kann.

Trägst du privat auch Hut?

Ja! Nicht immer, aber sehr oft. Im Sommer trage ich meistens Strohhüte. Im Winter greife ich ehrlich gesagt eher zur Wollmütze oder zu Filzhüten.

Warst du als Hutträgerin früher in der Schule vielleicht sogar eine Trendsetterin?

Nein, nein. Obwohl ich auch früher schon ab und zu Hüte anhatte.

Ein Hut ist das Tüpfli auf dem i eines jeden Outfits.

Wie sieht die Zukunft vom Hut aus?

Gut. Das hoffe ich zumindest. Ein Hut ist schliesslich das Tüpfli auf dem i eines jeden Outfits. Hast du dich einmal für den Hut entschieden, kaufst du plötzlich die passenden Schuhe, die passende Tasche dazu.

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Kommen denn auch Leute mit ihren neuen Schuhen zu dir, um nach einem passenden Hut Ausschau zu halten?

Häufiger passiert das natürlich mit Männern und ihren Jacketts. Ein grosser Teil der Kundschaft wünscht aber eine völlig offene Beratung.

Siehst du die Menschen also schon mit Hut auf dem Kopf, wenn sie den Laden betreten?

Mit der Maske wurde es definitiv schwieriger. Bei Gewissen sehe ich sofort, was ihnen steht. Bei anderen nicht gleich auf den ersten Blick.

Was mich immer wieder beschäftigt: Wo gehe ich mit meinem Hut hin; wie stelle ich sicher, dass ich ihn nicht vergesse oder gar verliere? Hast du einen Tipp?

Der beste Tipp lautet: Lege deinen Hut nie ab! Dann gibt es einen zweiten Tipp: Adresse reinnähen! Dritter Tipp: Du montierst ein Bändeli, ähnlich wie bei der Brille.

So à la Indiana Jones?

Ja, genau. Also, das kann man schon machen, aber eben ... Es ist jedoch schon wahr: Selbst in den Restaurants gingen die Hutablagen immer mehr verloren.

Muss man den Hut heute eigentlich noch ausziehen, wenn man jemanden begrüsst oder einen Raum betritt?

Ehrlich gesagt kenne ich diese Regeln nicht wirklich. Und beachte sie entsprechend auch nicht.

Wann bitte lieber keinen Hut?

Beim Baden vielleicht?

risa.ch

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