Die zeitgenössische, amerikanische Künstlerin Roni Horn arrangiert in der Fondation Beyeler in sechs Sälen «The Selected Gifts».

Die Besucherinnen und Besucher erwarten neu vier weitere Räume mit einer von Theodora Vischer, Senior Curator, installierten Sammlungspräsentation, die verschiedene Aspekte Horns Arbeiten aufnimmt und anders auf das Werk blicken lässt.

Nachdem ich die sechs Räume mit Arbeiten der New Yorker Künstlerin besichtigt habe, bin ich absolut über die Motiv- und Materialvielfalt Horns Kunstwerken überrascht. Es scheint mir nicht wie bei anderen Künstlern und Künstlerinnen der Gegenwart einen gewissen roten Faden zu geben. Oder doch? Und dieser Ariadne Faden erschliesst sich einem erst nach erneutem Durchschreiten der Säle in der Fondation Beyeler.

Doch alles von Anfang an. Im ersten Saal erwartet mich die 30-teilige fotografische Arbeit a.k.a. A.k.a. bedeutet ja soviel wie «also known as» oder zu gut Deutsch «alias». Die Installation zeigt dreissig zu Paaren angeordnete Portraits. Die Fotografien zeigen allesamt auf immer wieder neue und doch ähnliche Weise die Künstlerin selbst. Die Fotografien wurden von der Künstlerin aus ihrem Bekanntenkreis angefragt und zeigen Roni Horn zu unterschiedlichen Epochen und stehen als Sinnbild einer Zeitreise. Doch was meint der Titel «auch bekannt als»? Roni Horn veranschaulicht in postmoderner Manier den Facettenreichtum einer jeden «Identität» – wenn man hiervon überhaupt im Singular sprechen kann. Die unterschiedlichen Gesichtsausdrücke, Frisuren und Bekleidungen gepaart mit einem ähnlich bleibenden intensiven, neugierigen Blick zeigen, dass Identität stets dynamisch gelesen werden kann, ein jeder von uns ist sozusagen schlicht und einfach ein wandelbares Phänomen.

Im vierten Saal befindet sich meine Lieblingsinstallation in der Ausstellung: «Water Double»: zylindrische aus farbigem Glas bestehende Objekte bilden in dem grossen Raum eine Komposition. Sie wirken wegen ihrer matten und rauen Oberfläche schwer und stehen diametral zu dem, was einen erwartet, wenn man in die allesamt 1 Meter 30 hohen Gefässe hineinschaut. Die Oberfläche im Innern des Objekts ist vollkommen transparent und reflektiert den Hineinblickenden sowie den umgebenden Raum. Hier spielen die Momente wie Bewegung der Besucherinnen und Besucher, sowie die Licht- und Wetterverhältnisse eine zentrale Bedeutung; erst sie aktivieren und verändern die Objekte fortlaufend. Und zurück zur Frage der Identität; hier spiegelt man sich, vielleicht zeitgleich mit anderen in dieser flüssig wirkenden Oberfläche selbst. Die Eigendarstellung ist dann jedoch nicht wie ein statisches Spiegelbild, sondern erweckt den Anschein einer Reflexion auf einer Wasseroberfläche – ganz dem Mythos von Narziss und Echo entsprechend.

Im letzten Raum hat Roni Horn gemeinsam mit Theodora Vischer die aus 67 einzelnen Fotografien bestehende Installation arrangiert. Dieses Werk ist gleichsam auch Namensgeber der Ausstellung «The Selected Gifts» und wird, wie ich erfahre, erstmals überhaupt präsentiert. Nomen est Omen: hierbei handelt es sich um Geschenke, welche die Künstlerin in den letzten 40 Jahren erhalten hat. Dieses Sammelsurium an abfotografierten Gegenständen – von Büchern über Liebesbriefe bis hin zu einem versteinerten Ei eines Dinosauriers erzeugen nicht sofort einen klaren Zusammenhang. Lässt man jedoch seinen Blick im Raum schweifen und erfasst die Installation in ihrer Gesamtheit, so wird eines klar: Auch hier werden uns die vielfältigen Aspekte des Lebens und der Identität der Künstlerin vor Augen geführt; dieses Mal nicht durch sie selbst, sondern aus dem Blickwinkel der Schenkenden. Na so lass ich mich sehr gerne beschenken, und zwar, liebe Roni, nicht nur ein Mal.

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