Die Basler Kulinarik etwas aufmischen. Am liebsten im Handstand oder beim Purzelbaum schlagen. Das ist der Antrieb des kulinarischen Kollektiv Eulenspiegel. Und damit haben die vier Basler Kreativköche derzeit mächtig Erfolg. Beim Besuch in ihrem Food-Lab erzählen sie, weshalb sie lieber fleischlos kochen und welche Naschereien auf der einsamen Insel nicht fehlen dürften.

Ein Schalk, ein Kreativer, ein Chamäleon, geprägt von einer frechen Spontanität – jung und wild. Das war Till Eulenspiegel, Protagonist eines mittelniederdeutschen Volksbuchs. Und irgendwie fühlen sich Tim Gebhardt, Timon Wolf, Flurin und Basil Willi vom kulinarischen Kollektiv Eulenspiegel mit dieser Figur verbunden: «Wir machen häufig das, wozu wir gerade Lust haben; mal mit Salto, mal im Handstand … was dabei herauskommt, wissen wir meist selbst nicht», unterstreicht Tim sein Lausbuben-Grinsen. 

 

Mit seinem Kollegen Basil empfängt uns der 25-Jährige heute im gemeinsamen Food-Lab, auch Klamauk genannt; eine alte Backstube im Basler Gundeli. «Timon arbeitet nebenbei für Schweiz Tourismus und musste kurzfristig nach Davos», kommentiert Tim dessen Abwesenheit. Und Flurin? Der lebt mittlerweile in Berlin, wo er hauptberuflich für das Unternehmen Design Hotels tätig ist.

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Basil Willi (links) und Tim Gebhardt (rechts) in ihrem Food-Lab im Gundeli.

Basil und Tim stellen uns jedoch ein anderes Lab-Mitglied als Erstes vor: «Unser Gärschrank», so die Jungs ganz stolz, «definitiv unser wichtigstes Tool.» In ihm gären die vier u-Dreissiger unter anderem immer wieder ihre vegetarischen Edelschimmel-Burger, die man beispielsweise an regelmässigen Pop-ups bei Astro Fries verkosten kann. In den Holzregalen im kleineren der zwei Räume stapeln sich Proben diverser Experimente: Magnolien-Essig, Kichererbsen-Miso – «Für die grosse Öffentlichkeit sind wir meist vegetarisch, oder sogar vegan, unterwegs», so Basil, «Hauptsächlich deshalb, weil die fleischlose Küche enorm viel Raum zum Experimentieren bietet», ergänzt Basil, der gerade dabei ist, Spargeln für die Fermentation vorzubereiten.

 

Bunt und wertvoll wie fermentierte Veggies

Angefangen hat alles mit der Liebe für gutes Essen. «Wir haben schon immer gerne zusammen gekocht und feine Restaurants besucht», blickt Tim zurück. Vor circa drei Jahren hat er sich dann mit Flurin, Basils Bruder, der damals noch dabei war, die Hotelfachschule zu absolvieren, zusammengetan und ihn an diverse Orte begleitet, um an öffentlichen Events oder für Private zu kochen. «Das hat nicht nur unglaublich gut funktioniert, sondern auch mega Spass gemacht!»

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Die Idee fürs Kollektiv Eulenspiegel war somit geboren. Mit Basil und Timon als zusätzliche Kreative bringen alle ihre unterschiedlichen Spezialgebiete und Backgrounds mit sich.

So beschäftigt sich Tim, wenn er nicht gerade Pasta füllt, aktuell noch mit seinem Studium der Politik und Kommunikationswissenschaften. Timon ist, wie auch Flurin, Absolvent der Hotelfachschule. Ausserdem hilfreich: Timon hat in der Vergangenheit in einer Werbeagentur gearbeitet. Basil musste, oder durfte, nach dem Abschluss seines Molekularbiologie-Studiums realisieren, dass Laborarbeit überhaupt nicht Seins ist, «was natürlich suboptimal ist», schmunzelt er. «Während meinem Zivildienst habe ich relativ schnell mit einem Kollegen entschieden, eine Bierbrauerei aufzumachen» – ein Traum des langjährigen Hobby-Brauers dürfte somit schon sehr bald in Erfüllung gehen.

 

«Wir leben von kurzfristigen Fürzen»

Ihrer Liebe für Pasta ist das Kollektiv Eulenspiegel treu geblieben. So ist auch heute noch bei jedem Anlass mindestens ein Pastagericht mit dabei. «Und etwas mit Koji!»

Massenabfertigung gehöre hingegen definitiv nicht zu den Passionen der jungen Purzelbaum-Schläger. Deshalb kochen die Vier viel lieber anlässlich ihrer Workshops oder bei Privatpersonen zuhause. «Wir leben von der Vielseitigkeit und finden insbesondere das Prinzip der Störköche extrem cool», so Tim. Es ist also eine gemeinsame Leidenschaft, die sie antreibt. Und aktuell in der Region so richtig durchstarten lässt. Gibt’s denn auch eine gemeinsame Vision? «Schwierige Frage. Wir wissen selbst noch nicht so wirklich, was alles passieren könnte. Und wollen unbedingt offen bleiben», meint Tim, «wir leben aktuell noch sehr von kurzfristigen Fürzen.»

 

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Und damit scheinen sie in Basel genau den richtigen Zeitpunkt gewählt zu haben: «Nachdem es in unserer Stadt in kulinarischer Hinsicht lange etwas harzig vorwärts ging, ist in den letzten zwei Jahren extrem viel passiert», erzählt Tim, «Klar gibt es noch immer viele Leute – insbesondere der Generation zwischen uns und unseren Grosseltern –, die skeptisch sind gegenüber Begriffen wie Fermentation mit Edelschimmel. Aber wir sind definitiv auf einem sehr guten Weg. Ich mein’, schau dir doch mal die Güterstrasse an! Diese Vielfältigkeit ist genial!»

 

In welches Basler Restaurant sie denn mit einem vollen Portemonnaie derzeit am liebsten essen gehen würden? Für Tim ist der Fall ganz klar: «Ackermannshof.» Basil, der privat Lasagne und Pizza einem fancy Siebengänger vorzieht, muss überlegen. «Ich schätze kulinarische Erfahrungen bei renommierten Adressen wie Stucki, Roots oder Roter Bären sehr. Tendenziell bevorzuge ich aber die bodenständige Küche – mit grösseren Portionen», schmunzelt er, «Vito bleibt beispielsweise ein Go-To – zugegeben auch, weil ich grad um die Ecke wohne.» Und welche drei Lebensmittel kommen mit auf die einsame Insel? «Edamame, Mozarella Sticks und Jura Waffeln», schiesst Tim erneut aus der Kanone. «Bei mir fällt’s definitiv süsser aus: Chunky Monkey von Ben & Jerry’s, die es leider nicht mehr gibt, Ovoschoggi und Chips.» Also ich für meinen Teil bin froh, dass es in den Kochtöpfen vom Kollektiv Eulenspiegel anders aussieht als in ihrem Reisekoffer.

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Kollektiv Eulenspiegel an der Art Basel

Der Basel Social Club findet dieses Jahr zum zweiten Mal während der Art Basel auf dem Tommy und Franck Areal statt. Dort bildet sich gewissermassen ein Dorf für Kunst, welches neben Galerien und Bars auch ein Restaurant für 100 Gäste beinhaltet, das jeweils am Abend seine Türen öffnet. Dieses Restaurant wird vom Kollektiv Eulenspiegel bespielt. Inspiriert vom Baujahr 1962, versucht das Kollektiv die Küche dieser Zeit neu zu interpretieren; serviert in drei Gängen.