Basel soll eine Schwammstadt werden. Was das bedeutet, erzählt uns Stadtgärtner Emanuel Trueb bei einem Spaziergang. Das nasse Setting dabei könnte nicht passender sein.

Der Vorteil bei einem Spaziergang mit einem Stadtgärtner ist die Unabhängigkeit vom Wetter. Gärtner im Allgemeinen und Stadtgärtner im Speziellen sehen in Regen ein willkommenes Geschenk und selten ein Ärgernis. Deshalb laufe ich mit Emanuel Trueb, Leiter der Stadtgärtnerei Basel trotz strömenden Gewitterregen durch die Strassen und Parkanlagen der Stadt. Ohne Schirm und ohne Regenschutz, nur triefende Neugier. «Regen gehört zum Leben, Regen ist Leben, insbesondere in so einem trockenen Jahr», philosophiert der Stadtgärtner das Grau einfach beiseite. Die beschlagene Brille schränkt nur seine Sicht ein, stört ihn aber nicht weiter. Und irgendwie passt das Wetter bestens zum Thema: es geht um Basel als zukünftige Schwammstadt - Sponge City, wie der Begriff offiziell verwendet wird.

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Weltweit - angeführt von China - rüsten sich zahlreiche Städte, Sponge Cities zu werden. Aufgeheizt durch das Klima und konfrontiert mit zunehmenden Wetterkapriolen stehen die meist zubetonierten Städte unter Handlungszwang. Mit dem Konzept der wassersensiblen Sponge City sollen die Städte langfristig abkühlen, Überschwemmungen durch Starkregen vermieden werden. «Das Regenwasser wird lokal aufgenommen und gespeichert, anstatt es in die Kanäle abzuleiten. Man kann es sich wirklich wie die Eigenschaften eines Schwammes vorstellen, der das Wasser aufnimmt. Statt das Wasser aber verschwenderisch über dem Abguss auszuwringen, gibt man es lieber einer Pflanze.» Klingt logisch, aber wie wird nun der Stadtboden zu einem Schwammboden? «In einer Stadt funktioniert das Prinzip mit gesteigerter Begrünung und einer angepassten Bodenstruktur, die das Wasser oberflächlich zurückhält», erklärt uns Emanuel Trueb. «Gab es bisher die Verpflichtung zur Versickerung und Ableitung in die Kanalisation, findet jetzt ein Umdenken statt.» Die Problematik mit der Versickerung ist der Stadtgärtnerei schon lange bekannt, in Anbetracht von Klimawandel und Stadterwärmung rückt sie nun endlich in die Öffentlichkeit und erhält vermehrt politische Aufmerksamkeit. 

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Die Stadt braucht mehr Rasengleise. Rasengleise haben viele Vorteile.

Grüne Vitalität für die graue Stadt

Das Zurückhalten von Wasser an und unter der Oberfläche bedeutet einmal eine Entlastung der Kanalisation und beugt Überflutungen vor. Zudem verhilft eine optimierte Bodenstruktur mit mehr Wurzelraum zu vitaleren Grünflächen und gesünderen Bäumen. Bäume wiederum beschatten, kühlen und filtern die Luft. Unsere hölzernen Klimaretter brauchen also bessere Lebensbedingungen, damit wir Menschen bessere Lebensbedingungen erhalten. Die Funktion des Schwammes kann im Boden z.B. ein Substrat aus Splitt, Kompost und anderen Substanzen übernehmen. Es bietet den Wurzeln genügend lockeren Untergrund, um sich darin auszubreiten, während gleichzeitig in den kleinen Hohlräumen Wasser gespeichert wird, das dem Baum zur Verfügung steht und langsamer an die Umgebung und die Kanalisation abgegeben wird. Der Wasserabfluss würde gedämpft.

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Pflanzen, pflanzen, pflanzen!

Damit Basel Schwammstadt wird, heisst es nun vor allem: pflanzen! Und gleichzeitig Beton- und Asphaltwüsten beseitigen. Wie in Kleinbasel an der Erlenmattstrasse, wo die Stadtgärtnerei den unschönen Asphaltstreifen abtrug, ihn durch Kiesbelag ersetzte und Bäume pflanzte. «Wir müssen umdenken, auch bei den Parkplätzen», weiss der Leiter der Stadtgärtnerei. «Bisher musste man die Autos isolieren, damit kein Benzin und Öl ins Grundwasser gelangte. Doch mit den zunehmend moderneren Autos und der Elektrifizierung ist das kein Thema mehr. Zukünftig können Autos auch auf einer Wiese geparkt werden. Zumindest aber auf Pflastersteinen, in deren Ritzen Gras wächst.»

Wer sich nun Basel in Gedanken schon als durchgehend grüne Oase vorstellt, muss schnell duschen gehen - eiskalt. Denn nicht überall ist das Prinzip umsetzbar. Emanuel Trueb weist auf das Beispiel Freie Strasse:«Viele fragen sich, warum mit dem Umbau nicht auch mehr begrünt wurde. Doch leider ist da aufgrund der Infrastruktur des Bodens vorerst nichts möglich, unter der Oberfläche hat es viele Kabel und Kanäle. Hier kann man vorerst nur mit Kübeln arbeiten, das spendet zumindest Schatten.» Um die Städte zu kühlen, muss daher umfassend gedacht und sämtliche Flächen wie Flachdächer und Fassaden einbezogen werden. «Leider ist das angesichts der Zunahme von Glasfassaden schwierig». Also nochmal kalt duschen. Die paradiesische Sponge City scheint vorerst nur bruchstückhaft umsetzbar.

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Rabatten sind kleine Klimahelfer.

Areale als Hoffnungsträger

Doch es gibt Hoffnung, vor allem in Form geplanter Entwicklungsareale wie etwa das Gebiet Volta Nord. Dort sollen bis etwa 2026 ein «Regenwasser schluckender» grüner Quartierpark sowie Versickerungsflächen entlang der Weinlager-, Lysbüchel- und Kabelstrasse entstehen. Es gäbe sogar Obstbäume, und Gullis bräuchte es dort keine mehr. Immerhin eine Oase scheint damit in Griffnähe. Fast kitschig, dass nun nach unserem nassen Spaziergang endlich die Sonne rauskommt.

Text & Bilder: Dominique Simonnot