Als Gitarrist, Songwriter und Produzent steht Benjamin Noti mit den grössten Schweizer Namen auf der Bühne. Wieso er dies nicht als selbstverständlich ansieht und wann seine Gitarre fast vom Blitz getroffen wurde, liest du in unserem Interview.

Bescheiden, ehrlich, bewusst: Mit diesen drei Worten würde ich Benjamin Noti nach unserem kurzen Treffen beschreiben. Dass der 35-jährige Basler Musiker zudem ein grosses Talent ist, beweist die Tatsache, dass Benji unter anderem mit Steff la Cheffe oder Sam Himself die Bühnen rockt. Und das nicht nur als leidenschaftlicher Gitarrist, sondern auch als Songwriter und Produzent. Neben der Zusammenarbeit mit Grégoire Vuilleumier alias Rapper Greis erschien im 2020 Benjamins erste EP. Ein erstes instrumentales Album soll diesen Oktober folgen.

Bescheiden? Weil er trotzdem nicht abgehoben ist. Ehrlich? Lies seine Antworten. Bewusst? Weil er es offensichtlich nicht als Selbstverständlichkeit ansieht, heute hier stehen zu dürfen.

In unserer «Tat oder Wahrheit»-Serie stellte er sich neben unseren Fragen auch einer ganz persönlichen von Tobias Gees.

Welchen Song assoziierst du mit deiner Kindheit?

Die Lieder von Mani Matter begleiteten mich in meiner Kindheit und tun es noch heute.

Welche 3 Worte umschreiben deine Musik?

Zu den instrumental Tracks, welche ich unter meinem Namen veröffentliche, assoziiere ich: Pastellfarbtöne, schweren Rotwein und stetigen Puls.

Deine zuletzt vergossenen Tränen?

Als wir kürzlich, nach langer coronabedingter Konzertpause, mit Steff la Cheffe drei Konzerte in der Mühle Hunziken spielen durften und das Set jeweils mit dem «Guggisbärglied» beendet haben, waren das sehr emotionale Momente. Das Guggisbärglied ist für mich eines der schönsten und berührendsten Liebes-, beziehungsweise Abschiedslieder. Hinzu kommt die historische Dimension und Bedeutung, die dieses Stück hat.

Wieso bist du Musiker geworden?

Mein Vater spielte eine tragende Rolle. Er war primär Kunstmaler, aber auch leidenschaftlicher Gitarrist.

Deine grösste Inspiration?

Inspiration ist flüchtig und kann überall stattfinden. Oftmals finde ich sie in meinem unmittelbaren musikalischen Umfeld.

Mit wem würdest du gerne mal zusammenarbeiten?

Da gibt’s viele. Damon Albarn (Blur /Gorillaz) finde ich in vielerlei Hinsicht ein herausragender und wandelbarer Popmusiker und Produzent.

Was wolltest du deinen Fans schon immer mal sagen?

Diese Frage überfordert mich.

Dein verrücktestes Groupie-Erlebnis?

Beim Begriff Groupie stellen sich bei mir die Nackenhaare. Begegnungen, welche nicht auf gleicher Augenhöhe stattfinden, finde ich grundsätzlich eher uninteressant.

Was singst du unter der Dusche?

Kein Scherz, ich habe noch nie unter der Dusche gesungen.

Welche deiner Charaktereigenschaften würdest du gerne spülen?

Liebend gerne meine Ungeduld!

Dein bisher geilstes Konzert?

Da gab es verschiedene. Die Erfahrungen mit dem Basler und Berner Sinfonieorchester gehören sicher zu den Highlights.

Wie wird dein nächstes Konzert?

Bald spiele ich im Duo Noti Wümié ein Konzert. Greis aka Grégoire Vuilleumier ist einer der unterhaltsamsten, originellsten und lustigsten Entertainer, die ich kenne. Es wird ein wahrer Konzentrationsakt, die Songs trotz Lachattacken souverän zu spielen.

Dein Rezept für den Umgang mit der Covid-Krise?

Anfangs verspürte ich ein starkes Down und auch ein mulmiges Gefühl betreffend meiner beruflichen Perspektive. Dann taten sich aber überraschend neue Türen auf. Ich hatte schon lange nicht mehr so viel Zeit zur Verfügung; denn wenn ich auf Tour bin, bleibt nicht viel übrig. Ich habe versucht, die gewonnenen Stunden so sinnvoll wie möglich zu nutzen und startete unter anderem mein eigenes Projekt unter dem Namen Noti. Die erste EP erschien im letzten Jahr und mein erstes instrumentales Album kommt diesen Oktober raus.

Worauf freust du dich «nach Covid» am meisten?

Ganz klar auf die Konzerte. Ein Konzert hat Qualitäten, die mit nichts auf der Welt verglichen werden können. Es ist einmalig, intensiv und flüchtig.

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Vorteile vom Internet in der Musikindustrie?

Ich glaube, es war noch nie einfacher, Musik aufzunehmen und digital zu veröffentlichen. Vermutlich führte diese Tatsache zu einem demokratisierenden Effekt. Heute braucht man nicht mehr zwingend ein grosses Label und grosses Budget, um ein tolles Album zu veröffentlichen. Deshalb gab es wahrscheinlich auch noch nie mehr Veröffentlichungen.

Nachteile?

Im oben genannten Argument liegt auch ein Problem. Es wird so dermassen viel veröffentlicht, dass ein Angebotsüberhang besteht. 

Dein eigener Lieblingssong?

Das ändert immer wieder mal. Aktuell habe ich grosse Freude am instrumentalen Outro-Stück von meinem kommenden Album. Im Zentrum steht eine klassische Farré Gitarre aus dem Jahr 1976. Ein wunderschönes Instrument.

Dein abgefahrenstes Erlebnis als Musiker?

2019 spielten wir mit Steff am Rotsee bei Luzern. Die Bühne war direkt ans Wasser gebaut und die schützende Bühnenwandverkleidung wurde, um der schönen Aussicht willen, weggelassen. Mitten im Set zog ein solider Sturm auf. Es regnete beinahe horizontal. Alles wurde nass, auch sämtliche Elektronik. Die Situation war nicht ungefährlich. Nach dem Konzertabbruch und endlich zuhause, habe ich mein gesamtes Gitarreneffektboard über Stunden bei 40 bis 50 Grad im Ofen «niedergegart». Was tatsächlich funktioniert hat! Die Lektion war eindeutig: Die Natur ist mehr Rock'n'Roll als jede Band!

Der beste Ratschlag, den du bisher gekriegt hast?

Auf musikalischer Ebene: Das, was man spielt, möglichst bewusst zu spielen. Klingt einfach, ist es aber nicht.

Die Basler Musiklandschaft kurz beschrieben?

Vielfältig und grossartig!

Was würdest du gerne ändern in der Musikindustrie?

Wenn ich kommerzielles Radio höre, bluten mir die Ohren. Es gäbe soviel grossartige Popmusik zu entdecken. Leider findet diese oft nicht ins Autoradio von Herrn und Frau Müller. Krass finde ich zudem, wie die Kapitalkonzentration im Musikbusiness zugenommen hat. Der CEO von Spotify ist auf einem ganz neuen Level reich.

Und was wünschst du dir von der Musikszene in Basel?

Ich wünsche mir, dass weiteren Bands ein internationaler Durchbruch wie beispielsweise der von Zeal & Ardor gelingt. Respektive wäre es schön, wenn Mundartkünstler häufiger national durchstarten könnten. Erfolgreiche Exponentinnen tun der Szene und der Stadt gut.

In welchem Moment bitte lieber keine Musik?

Definitiv nach einem langen Studiotag.

Worauf bist du besonders stolz?

Mein biografischer Weg war kein gerader. Entsprechend bin ich dankbar, in diversen tollen Projekten mitwirken zu dürfen.

Was macht dich glücklich?

Sich in der Musik zu verlieren, ist unbeschreiblich und wunderschön.

Welche Frage fehlt hier?

25 Fragen waren eine Menge! (lacht)

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Wen Benji nominiert, hier mitzuspielen? Sam Himself. We look forward!

benjaminnoti.com

 

TAT ODER WAHRHEIT?

In Basel wimmelt es von (versteckten) Musiktalenten. Die Serie «Play With Me» lässt dich die unterschiedlichsten Kunstschaffenden unserer Stadt kennenlernen – Hörproben inklusive – und stellt sie jeweils vor eine grosse Frage: Tat oder Wahrheit? Der oder die Porträtierte entscheidet, wer als nächstes mit welcher Challenge an der Reihe ist.