Samstag, 4. Mai 2024 von 19:30 - 21:30 Uhr @ Martinskirche
The Tempest
Konzert mit Kammerchor und Orchester der Hochschule für Musik Basel, Klassik
Beethovens revolutionäre Messe wurde vom Fürsten Nikolaus II. Esterházy anlässlich des Namenstags seiner Frau bestellt. Grosse Fusstapfen waren zu füllen, denn viele Jahre lang hatte bis dato Übervater Joseph Haydn seine Messen für Esterházy komponiert. Beethoven erfüllte den Auftrag „mit viel Furcht, da sie [Esterházys] gewohnt sind, die Unnachahmlichen Meisterstücke des Großen Haidns sich vortragen zu laßen.“ Und brach doch radikal aus dem von Haydn abgesteckten traditionellen Rahmen der Messvertonung aus: „Von meiner Meße wie überhaupt von mir selbst sage ich nicht gerne etwas, jedoch glaube ich, daß ich den text behandelt habe, wie er noch wenig behandelt worden“, so schrieb Beethoven 1808 an seinen Verleger. Zeitweise überlegte er gar, das unkonventionelle Werk aus seiner „Sturm und Drang“-Periode dem seinerzeit von ihm verehrten Revolutionär Napoleon zu widmen.
Das meteorologische Phänomen des Sturms symbolisiert in Shakespeares Drama The Tempest einerseits diesen zu Beethovens Zeit omnipräsenten gesellschaftlichen und kulturellen Umsturz, personifiziert durch Prospero, den abgesetzten Herzog von Mailand, andererseits die menschliche Läuterung der Protagonisten. Quer durch die Jahrhunderte inspirierte das Schauspiel auch die musische Zunft: Johann Rudolf Zumstegs populäre Vertonung für das Stuttgarter Hoftheater wurde jahrzehntelang im deutschsprachigen Raum gespielt, bevor es in Vergessenheit geriet. Erst Martin Wettges’ Edition von 2008 brachte die Geister-Insel wieder ans Tageslicht. Ebenso Opfer der Geschichte wurde Walter Braunfels’ lyrisches Orchesterwerk Ariels Gesang, in dessen Fokus Prosperos ätherischer Luftgeist steht: bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten war Braunfels zeitweise der meistgespielte lebende deutsche Komponist. Aus einer teilweise jüdischen Familie stammend, fiel sein Werk unter den Bann der neuen Machthaber. So gelten Prosperos bekannte Worte «Wir sind vom gleichen Stoff, / Aus dem die Träume sind, / Und dies Leben ist ein kurzer Traum, / Eingebettet in einen langen Schlaf» gerade auch für die Werke dieses Konzertprogramms.
Martin Wettges
Kollekte zu Gunsten des Stipendienfonds der Dozierenden der Hochschule für Musik Basel, Klassik