Eine Eigenschaft zieht sich wie ein roter Faden durch die bisherigen Ausstellungen der Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G: Ob du nur kurz und völlig ahnungslos die Ausstellungsräume besuchst oder dich vertieft mit der jeweiligen Thematik auseinandersetzt – es wird dir immer eine aussergewöhnliche, visuelle Erfahrung geboten, die einzigartig und absolut verblüffend ist. So auch bei der neuen Ausstellung «Sleeping with the Gods», welche noch bis zum 10. Juli in den Räumlichkeiten an der Spitalstrasse 18 zu bestaunen ist.
«Wir sind neben den Insekten die erfolgreichsten Lebewesen der Erde, aber ich befürchte, dieser Erfolg wird auch unser Verderben sein.» (Carlo Borer, Künstler)
Was du in den Ausstellungsräumen vorfindest, ist eine surreal wirkende grüne Landschaft, die unendlich zu sein scheint. Setz dich unbedingt in Ruhe auf die Rasenfläche, deren Ameisenhügel-ähnlichen Gewölbe unterschiedlich hoch aus dem Boden ragen – und lass die Unendlichkeit in der verspiegelten Decke auf dich wirken. Wie in einer Tropfsteinhöhle, in der Stalaktiten und Stalagmiten von unten und oben einander entgegen wachsen, blickst du in eine Märchenwelt, in der du dich stundenlang verlieren könntest. Je länger du so da sitzt, desto mehr wird deine Neugier geweckt, mehr zum Hintergrund dieser spektakulären Ausstellung wissen zu wollen. Und diese nötigen Infos, um die Ausstellung verstehen zu können, werden dir dann auch in kurzen und einfachen Texten geliefert – sowie ausführlicher im kostenlosen Ausstellungskatalog.
Weckruf statt Endzeit-Szenario
Der ausstellende Künstler Carlo Borer sagt zu seiner raumfüllenden Installation: «Wir sind neben den Insekten die erfolgreichsten Lebewesen der Erde, aber ich befürchte, dieser Erfolg wird auch unser Verderben sein.» Was soll also diese grüne, sich in der Decke spiegelnde Landschaft aussagen? Im Grunde nichts anderes als das sich anbahnende Ende der Welt. Das Tempo, mit dem sich der Mensch auf der Erde ausbreitet und die Skrupellosigkeit, mit der er sie ausbeutet, sind zwei zentrale Motive für Carlo Borer und dienen ihm als Grundlage für seine Arbeit. Der Blick von der Rasenfläche in das sich in der reflektierenden Decke, unendlich zu verdoppeln drohende Gesicht der Menschheit steht für die Verdrängung anderer Lebewesen aus ihrem natürlichen Lebensraum – für die Zerstörung der Natur und «den Erfolg, der zum Verderben wird». Doch die Ausstellung «Sleeping with the Gods» soll keineswegs eine pessimistische Endzeit-Darstellung sein, meint KBH.G-Direktor Raphael Suter und macht Hoffnung: «Wir haben das Wissen und die Fähigkeit, unser Handeln zu hinterfragen und müssen es grundlegend ändern. Wenn die Kunst und unsere Ausstellung hierzu einen Denkanstoss liefern kann, sehen wir darin eine wichtige Aufgabe unserer Kulturstiftung.» Die Ausstellung funktioniert somit vielmehr als Weckruf, Verantwortung zu übernehmen und den Fortschritt, für welchen die Menschheit steht, zum eigenen Vorteil zu nutzen.
«Wir haben das Wissen und die Fähigkeit, unser Handeln zu hinterfragen und müssen es grundlegend ändern.» (Raphael Suter, Direktor KBH.G)
Eine surreale Erfahrung
Ebendieser technologische Fortschritt und die wissenschaftlichen Errungenschaften der Menschheit sind es auch, die den Solothurner Künstler Carlo Borer faszinieren – und die er gekonnt zu nutzen und in Szene zu setzen weiss. Auf Basis komplexer, wissenschaftlicher Daten und CAD-Programmen (Computer-Aided Design) schafft er aussergewöhnliche Kunstkörper, bei denen meist Materialien aus der Industrie Verwendung finden. Das Spiel mit weiteren Komponenten wie Form, Farben und Wirkung sind wichtige Bestandteile seiner Kunst und seiner Herangehensweise an eine Ausstellungsthematik. Dies machen auch die weiteren Installationen und Konstruktionen der Ausstellung deutlich, wie beispielsweise die Figur «Digger» – eine unheimliche Mischung zwischen Alien und Abbaumaschine. Oder auch jene Installation, die einen Teil der Mondlandschaft, basierend auf Daten der NASA, in fragmentierter Form wiedergibt.
Wie anfangs erwähnt – «Sleeping with the Gods» ist eine Ausstellung, die verblüfft und fasziniert, auch wenn man sie nur kurz und ohne Hintergrundinformationen besucht. Es lohnt sich jedoch, sich vertieft mit der Ausstellungsthematik auseinanderzusetzen, denn nur dann entfalten die Installationen ihre volle Wirkung und erlangen zusätzlich an Bedeutung. Lass dich auf diese surreale Erfahrung ein!
«Sleeping with the Gods»
Kulturstiftung Basel H. Geiger | KBH.G
5. Mai bis 10. Juli 2022
Spitalstrasse 18
Öffnungszeiten
Täglich (ausser Dienstag) von 11 bis 18 Uhr oder nach Vereinbarung
Während der Art Basel (16. - 19. Juni) täglich von 10 bis 20 Uhr
Eintritt und Ausstellungskatalog sind kostenlos
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