Wer heute den Rhein überqueren will und es eilig hat, wird dafür kaum die vier Basler Fähren benutzen. Schneller geht’s über die Brücke. Zu Fuss, per Tram, Bus oder Velo. Nein, wer heute mit der Fähre zwischen Kleinbasel und Grossbasel hin- und her schaukelt, macht das aus einer sehr bewussten Entscheidung heraus. Eine Entscheidung für Entschleunigung, Ruhe und den Ausbruch aus dem stressigen Alltag. Mit dem Schritt vom sicheren Fährensteg auf die den Launen des fliessenden Rheins ausgesetzte Fähre, begibst du dich auf ein kleines Abenteuer. Eines, das zwar nur wenige Minuten andauert, aber die Stadt und ihre Geschichte auf beispiellose Weise spüren lässt. In dieser Stadtgeschichte nehmen auch die Fähren einen wichtigen Teil ein. Als sogenannte «fliegende Brücken» sollten sie einst dem Brückenmangel in Basel entgegenwirken. Denn lange war die Mittlere Brücke die einzige Brücke, um die Stadt überqueren zu können.
Fliegende Brücken für den guten Zweck
Den Grundstein für die Tradition der Basler Fähren legte 1853 die Birsfelder Fähre auf der Höhe des Birskopfs. Nur ein Jahr später wurde 1854 mit der Harzgrabenfähre die erste städtische Fähre eingeweiht – am Standort der heutigen Wettsteinbrücke. Die Konzession dafür besass die Basler Künstlergesellschaft, eine Vereinigung von Künstlern und Kunstfreunden zur Förderung und Bekanntmachung der lokalen Kunstszene und ihren Arbeiten. Die hohe Nachfrage und die gute Rentabilität der Harzgrabenfähre bewegte die Basler Künstlergesellschaft dazu, eine zweite Fähre zu realisieren. So wurde 1862 zwischen dem Grossbasler Totentanz und der Kleinbasler Kaserne mit der Totentanz-Fähre – der heutigen Klingental-Fähre – die zweite «fliegende Brücke» Basels eingeweiht. Damit erreichte die Basler Künstlergesellschaft dann auch ihr Ziel, eine Institution für Ausstellungen und Zusammenkünfte der lokalen Kunstszene zu erschaffen und konnte mit dem erwirtschafteten Gewinn die Kunsthalle Basel realisieren.
Mit dem Bau der Harzgrabenbrücke 1877 – der heutigen Wettsteinbrücke – wurde die erste Basler Fähre, die Harzgrabenfähre, aber wieder eingelagert. Ein neuer Standort wurde gesucht und auf der Höhe des Basler Münsters gefunden – der heutigen Münster-Fähre. Mit der fortlaufenden Ausdehnung der Bevölkerung in die Quartiere wuchs der Wunsch nach weiteren Fähren, um die Quartiere beidseitiger Rheinufer miteinander zu verbinden. So kam 1894 die St. Alban-Fähre zwischen St. Alban und Schaffhauserrheinweg dazu und 1895 die Schlachthoffähre zwischen St. Johann und Klybeck – heute St. Johann-Fähre genannt.
Erst viel später sollten die Basler Fähren originelle Namen erhalten. Die Idee, die Fähren nach den Ehrenzeichen der Kleinbasler Ehrengesellschaften und dem Ueli zu taufen, überzeugte und so wurde 1944 im Rahmen eines langen Festzugs entlang dem Basler Rheinufer eine Fähre nach der anderen feierlich auf die Namen «Vogel Gryff», «Leu», «Wild Maa» und «Ueli» getauft. Unter diesen Namen sind sie auch heute eingefleischten Baslerinnen und Baslern bekannt.
Bitte keine schwimmenden Reklamen!
Rentabel sind die Basler Fähren nun schon lange nicht mehr. Mit dem Bau weiterer Rheinbrücken sowie den zunehmenden Möglichkeiten der Mobilität kam es bald zu massiven Umsatzeinbussen. So wurden die vier Fähren von der Basler Künstlergesellschaft erst an ihre aktuellen Pächter verkauft und gingen später in den Besitz einer Stiftung über. Denn als zu Beginn der 1970er Jahre der Pächter der Klingental-Fähre seine Fähre aus Altersgründen verkaufen wollte und diese von einem internationalen Getränkekonzern übernommen werden sollte, drohte die Kommerzialisierung der Basler Fähren. Aus diesem Grund – und um die Fähren für die Allgemeinheit zu bewahren – wurde die heutige «Stiftung Basler Fähren» gegründet, die gemeinsam mit dem «Fähri-Verein Basel» dafür sorgt, dass genügend finanzielle Mittel aufgetrieben werden können, um den defizitären Fährbetrieb für weitere Generationen am Leben zu erhalten.
Rosi Tiefenthal & Hambbe Tschudi – Fährifrau und Fährimaa der St. Alban-Fähre (Wild Maa)
Was braucht es, um ein guter Fährimaa/eine gute Fährifrau zu sein?
Es braucht Verbundenheit mit der Stadt Basel, Freude am Kontakt und Umgang mit Menschen aus Basel, der Schweiz und der ganzen Welt. Zu guter Letzt braucht es Liebe zum Wasser – speziell zu unserem «Bach».
Was macht den Alltag als Fährimaa/Fährifrau spannend?
Man weiss nie, was einem erwartet. Viele tolle Menschen, mit welchen man zum Teil auch spannende Geschichten austauschen kann. Aber natürlich auch die Elemente. Der Umgang mit den stets wechselnden Verhältnissen auf dem Rhein – vom Niederwasser bis zum Hochwasser und den damit verbundenen Herausforderungen.
Was war euer schönstes Erlebnis auf eurer Fähri?
Unser erster gemeinsamer Tag als Pächter-Duo am 1. Januar 2021. Einerseits ist Rosi die erste Frau, welche eine Pacht von einer der vier Basler Fähren übernehmen durfte. Andererseits sind wir das erste Pächter Duo, welches eine Fähre im Job-Sharing übernehmen konnte.
Weshalb sollte die Tradition der Fähri immer erhalten bleiben?
Weil die Basler Fähren zur Geschichte unserer Stadt gehören und das Stadtbild bereichern. Zudem sind gerade heute die Basler Fähren «en vogue» – gleiten sie doch fast lautlos über den Rhein und erzeugen keinerlei CO2-Emissionen. Zudem ist eine Fahrt mit einer Fähre für viele Menschen ein Augenblick im Alltag, welcher ein Entspannen und ein Sich-gehen-lassen erlaubt.
Welche Gedanken macht ihr euch über Basel, wenn ihr ganz alleine auf eurer Fähri unterwegs seid?
Das Privileg zu haben, in der schönsten Stadt, unserer Heimat, der schönsten Berufung nachgehen zu dürfen: Fährifrau respektive Fährimaa zu sein!