Dominik Muheim, du bist in Reigoldswil aufgewachsen und lebst nun seit längerem in Basel. Erinnerst du dich an das erste Mal, als du mit Poetry Slam in Berührung gekommen bist?
Dominik Muheim (31): Ja, das war im Unternehmen Mitte, circa 2012, ich war etwa 19 Jahre alt. Ich habe spontan die Veranstaltungsreihe «Slam in der Mitte» besucht, wo junge Menschen die Bühne betreten und einen eigenen Text vortragen durften. Ich wusste bis anhin nicht, dass es so etwas gibt und fiel aus allen Wolken. Denn genau so was wollte ich schon immer machen. Also habe ich mich für den nächsten Slam angemeldet.
Und worum ging es in deinem ersten Slam?
Das war eine Geschichte über einen Wurm, der sich in einen Zug verliebt. Jeden Tag sieht er diesen Zug aus dem Tunnel rasen und am Ende wird er überfahren. Das Feedback des Publikums war eher mittelmässig. (lacht) Trotzdem setzte ich mich an den Schreibtisch, um neue Texte zu schreiben und sie ab sofort auf den Slam-Bühnen der Schweiz zu testen.
Hattest du auch noch andere Hobbys?
In meiner Jugend verbrachte ich jede freie Minute auf dem Skateboard oder in der Zivilschutzanlage Reigoldswil, wo wir einen Bandraum eingerichtet haben.
Wenn das Publikum lacht, applaudiert, mitgeht, dann fühlt sich das an wie surfen.
Passt das mit dem Dominik Muheim von heute noch zusammen?
Lass mich überlegen … Beim Skaten war es vor allem der kreative Aspekt, der mir gefiel. Du rollst durch die Stadt und sie verwandelt sich in einen Skate-Park. An jedem Ecken verstecken sich unzählige Möglichkeiten. Bei den Gigs mit den Bands mochte ich die Momente, wo ich einen Song ansagen durfte und freute mich, wenn eine passende Pointe gelang. Ich würde daher sagen, ja, da gibts so einige Parallelen zum Dominik Muheim von heute.
Die Freude am Geschichtenerzählen zieht sich wie ein roter Faden durch dein Leben. Woher kommt das?
Ich habe schon immer gerne zugehört, wenn mir Menschen etwas erzählt haben. Geschichten haben für mich etwas Magisches, weil sie mir helfen mich in die Lage Anderer zu versetzen – und weil sie die Empathie fördern. Ich liebe das Kopfkino, welche eine gut erzählte Geschichte auslösen kann und mag es, wenn mich Geschichten überraschen, zum Lachen, zum Weinen oder gar zum Nachdenken bringen. Mit Geschichten ist es möglich, Zusammenhänge und Thematiken zu verstehen. Geschichtenerzählen ist also auch mit einer gewissen Verantwortung verbunden.
Was gibt es dir persönlich, wenn du als Slam Poet oder mit deinen Kabarett-Programmen auf der Bühne stehst?
Es ist die Freude am Moment, wo auf der Bühne etwas so klappt, wie ich es geplant habe. In erster Linie ist es ja Unterhaltung, was ich da mache. Wenn das Publikum lacht, applaudiert, mitgeht, dann fühlt sich das an wie surfen – in keinem anderen Moment bin ich so konzentriert und gleichzeitig so losgelöst.
Inzwischen hast du diverse Preise gewonnen und wurdest u. a. mit dem Kleinkunstpreis Salzburger Stier 2024 ausgezeichnet – setzt dich das noch mehr unter Druck oder spornt es dich an?
Beides. Wenn Menschen dein Programm besuchen und dafür Geld ausgeben, dann willst du ja auch was bieten. Selbstkritik und Selbstzweifel sind treue und anstrengende Begleiter. Der Salzburger Stier ist da eine schöne Wertschätzung und Bestätigung, die mich motiviert. Auch die grosse Aufmerksamkeit versuche ich zu geniessen. Das Schönste ist, dass ich dank dem Stier mein erstes Solo-Programm «Soft Ice» ab Herbst auf vielen Bühnen zeigen darf – und auf der Bühne fühl ich mich am wohlsten.
Meine Geschichten sollen das Zeitgeschehen kritisch begleiten. Das ist meine Aufgabe als Kabarettist.
Wo tankst du Energie für deine Programme? In der Natur, wie hier in den Merian Gärten, wo wir uns zum Interview getroffen haben, oder in der Stadt?
Ich liebe die Stadt. Sie inspiriert und unterhaltet mich. Ich besuche gerne Konzerte, Kleintheater, Kinos und Bars. Die Stadt ist für mich wie eine coole Kollegin, in deren Gesellschaft ich mich wohl fühle. Die Merian Gärten bilden dagegen einen willkommenen Erholungsort. Wenn ich mich im Schreib-Prozess eines Programms befinde und gerade nicht weiterkomme, dann ist es wichtig, den Kopf durchzulüften. Die Merian Gärten bieten sich dafür wunderbar an – ob für eine Joggingrunde oder einen Spaziergang.
Wenn du einen Text über Basel schreiben würdest, was käme darin vor?
Ganz bestimmt das Drämmli. Ich liebe es, Drämmli zu fahren und die Menschen zu beobachten. Über diese vielen unterschiedlichen Lebensgeschichten würde ich schreiben – habe ich auch schon oft gemacht.
Damit wären wir wieder beim Geschichtenerzählen. Womit möchtest du das Publikum denn als Nächstes begeistern?
Mein neues Solo-Programm heisst «Soft Ice» und erzählt von einer Hochzeitsgesellschaft auf einem Schiff. Wie es so ist, haben die Hochzeitsgäste ganz unterschiedliche Vorstellungen einer gelungenen Hochzeit. Der Abend droht auszuarten und ich versuche die Stimmung irgendwie zu retten – scheitere dabei aber kläglich. (lacht). Es wird eine wilde Hochzeits-Satire, in der ich die grossen und kleinen Themen unserer Zeit kommentieren werde. Mein Ziel ist es, dem Publikum (und mir) einen schönen und lustigen Abend zu bescheren. Genauso wichtig ist mir aber auch die zweite Ebene. Meine Geschichten sollen das Zeitgeschehen kritisch begleiten. Das ist meine Aufgabe als Kabarettist.
«Soft Ice» – das neue Programm von Dominik Muheim
20./21. September 2024 im Kulturhaus Palazzo, Liestal
23. September 2024 im Theater im Teufelhof, Basel
Dominik Muheim auf der Bühne vom Theater im Teufelhof, wo er auch sein neues Programm performen wird.