Es gibt Trends, die verabschieden sich nach einiger Zeit auf Nimmerwiedersehen. Dauerwellen und Tamagotchis zum Beispiel. Hüfthosen und Steissbein-Tattoos. Und dann gibt es solche, die halten sich, beziehungsweise kommen immer und immer wieder. Schulterpolster. Bärte. Oder Fermentation. Allein; das mit dem Einmachen von Lebensmitteln, das Einlegen, Pökeln, Fermentieren, das war für unsere Vorfahren kein Trend, sondern ein lebenswichtiger Prozess, um Lebensmittel haltbar zu machen. Kimchi, Kefir und Kombucha sind daher weniger hippe Lifestyle-Produkte als Lebensmittel mit jahrtausendealter Tradition.
EIN GESUNDER DARM DANK PRÄBIOTIKA
Auch Tonie Oester trank bereits vor 45 Jahren ihren ersten Kombucha. Und entdeckte das Getränk wieder vor zehn Jahren, während eines Besuchs bei Tochter Michelle, die in London studierte. «Kombucha gab es damals in allen coolen Cafés und Bars», erzählt Michelle. «Gleichzeitig ass ich auch oft Kimchi und begann, mir Gedanken über meine Darmgesundheit zu machen.» Als ausgebildete Naturheilpraktikerin beschäftigte sich auch Tonie schon lange mit dem Thema: «Der menschliche Körper wird von Milliarden von Mikroorganismen besiedelt, ein Grossteil davon lebt in unserem Darm», erklärt Tonie in ihrer Praxis an der Steinentorstrasse. «Viele unserer Krankheiten entwickeln sich aus der Dysbalance des Darms heraus. Darum müssen sich meine Klienten immer zuerst einer Darmkur unterziehen.» Nicht gefilterter und nicht pasteurisierter Kombucha, wie ihn Tonie und Michelle brauen, beinhaltet Millionen von Präbiotika, die sich positiv auf das Darm- mikrobiom auswirken können.
HIBISKUS UND ROSENBLÜTEN GEGEN LANGEWEILE
Seit 2017 forschen, experimentieren und brauen Mutter und Tochter unter dem Namen «Mimmis Kombucha». Zuerst in der heimischen Küche, seit einigen Jahren in einem kleinen Labor. Alles, was es dazu braucht, ist Tee, Rohrzucker und Scoby, ein Hefe-Bakterien-Pilz. «Den Pilz gibst du in den gesüssten Tee und dann wartest du», erklärt Tonie. «Je nach Temperatur dauert die Fermentation zwischen vier und sechs Tagen.» Und weil sie Kombucha pur langweilig findet, fügt sie der ersten gleich noch eine weitere Fermentation hinzu: mit frischen Himbeeren, Passionsfrucht oder auch mal Rosenblüten. Mit Granatapfel, Rhabarber, Orangenzesten oder Hibiskus – was immer das Fruchtjahr, der Blumen- und Kräutergarten gerade hergeben. «Die Kombucha-Brauerei ist ein Herzensprojekt, das wunderbar zu meiner Tätigkeit in der Praxis passt.»
Der menschliche Körper wird von Milliarden von Mikroorganismen besiedelt, ein Grossteil davon lebt in unserem Darm.Tonie Oester
Auch Michelle wohnt seit einigen Monaten wieder in der Schweiz und geht ihrer Mutter zur Hand. Dennoch: Expansionsgelüste haben die beiden keine. Mimmis Kombucha soll ein Nischengeschäft bleiben. «Allerdings würde ich gerne noch ein paar weitere Läden und Restaurants mit unseren Produkten beliefern. Oder Bars mit dem süssen Essig, dem Shrub», sinniert Tonie, die früher selbst in der Gastronomie gearbeitet hat. Aktuell gibt es die Slow Food-Produkte von Mimmis Kombucha im Lokal, im Bioladen Feigenbaum, auf dem Quartiermarkt im Oekolampad und auf dem Abendmarkt am Rütimeyer-Platz. Natürlich kann man auch online bestellen, sogar individuelle Sorten werden auf Wunsch gebraut. Und: Tonie bietet Fermentierkurse an. Hier lernst du, deinen eigenen Kombucha anzusetzen und Früchte und Gemüse haltbar zu machen. Für gesunde Ernährung, gegen Foodwaste. Ein Trend, der in Zeiten wie diesen an Sinnhaftigkeit wohl kaum zu überbieten ist und daher noch lange Bestand haben dürfte.