Was mit einem generösen Hochzeitsgeschenk begann, ist heute der schönste und vielfältigste öffentliche Garten der Stadt. Doch nicht nur zum Promenieren und Entspannen eignen sich die Merian Gärten perfekt – wer will, kann hier auch selbst mit anpacken.

Diese Geschichte beginnt mit einer Hochzeit. Derjenigen des 24-jährigen Christoph Merian Junior und der 18 Jahre alten Margaretha Burckhardt. Er: Sohn eines vermögenden Kaufmanns. Sie: Tochter eines reichen Textilfabrikanten. Es ging hier mutmasslich weniger um Romantik als um die Verbindung zweier bedeutender Familien des Basler Patriziats, als im Oktober 1824 die Glocken im St. Jakobs-Kirchlein läuteten. Das Hochzeitsgeschenk? Ein über 56 Hektaren grosses Landgut südöstlich von Basel. Fortan reisten die jungen Merians jeweils für die Sommermonate mit vollbepackter Kutsche und Personal «aufs Land» in die Villa Merian nach Brüglingen.

Von «aufs Land reisen» kann heute keine Rede mehr sein, wenn man im Tram Richtung Dreispitz sitzt. Dennoch gibt einem ein Nachmittag in den Merian Gärten das Gefühl, weit weg zu sein vom alltäglichen Trubel, inmitten blühender Natur. Obwohl die Gärten in einer überaus turbulenten Ecke der Stadt liegen, unweit von Industrie und Autobahn, gedeihen hier Clematis, Pfingstrosen, Schneeglöckchen und rund 1500 Irissorten. Hier leben Schafe, Hühner und Kaninchen. Müde Städterinnen und Städter tanken inmitten von Grün Ruhe und Kraft. Geräuschkulisse: Zwitschernde Vögel und summende Bienen. Von den unweit vorbeidonnernden Lastwagen, den Trams und Zügen ist in den Merian Gärten kaum etwas zu hören.

Kostenloser Garten für alle
Dass dieser zauberhafte Rückzugsort bis heute erhalten und öffentlich zugänglich ist, verdanken wir Christoph Merian und seiner Frau. Die beiden vermachten einen grossen Teil ihres Vermögens der Stadt Basel, zur «Linderung der Noth und des Unglückes», und für die «Förderung des Wohles der Menschen». Die 1886 in Kraft getretene Christoph Merian Stiftung fördert in der Stadt Basel Projekte und Institutionen in den Bereichen Soziales, Kultur und Natur und stellt auch die Merian Gärten 365 Tage im Jahr der Bevölkerung zur Verfügung. Um hier zu spazieren, zu meditieren, zu zeichnen, zu lesen oder einfach um unter einem Baum liegend ein wenig zu dösen. Die Merian Gärten sind ein Garten für alle, nur ums Rasenmähen, ums Jäten oder ums Giessen braucht man sich nicht zu kümmern – ausser man will. 

Wer lehmige Hände liebt und sich beim Ernten von Obst und Gemüse oder beim Schneiden von Verblühtem bestens entspannt, wird mit offenen Armen im Team freiwilliger Helferinnen und Helfer empfangen. Unter fachkundiger Anleitung kann man hier Tricks und Kniffs bei den Profis abgucken und dabei helfen, die einzigartige Gartenanlage mit den über 7000 verschiedenen Pflanzen zu pflegen. Vielfältiges Wissen über Trockenwiesen, Heilpflanzen, biologische Gartenbewirtschaftung, einheimische Pflanzenarten, Pro Specia Rara oder die Imkerei bekommt man dabei quasi nebenher vermittelt.

Zwischen Gewächshäusern und blühenden Beeten
Wahre Merian-Garten-Fans sind zudem im Club Iris, um über wichtige Neuerung direkt informiert zu werden und von Spezialführungen oder Pflanzenverkäufen zu profitieren. Der Name des Clubs verweist auf die weltweit einzigartige Irissammlung der Merian Gärten. Auch das Restaurant in der grossen Scheune neben den Gewächshäusern nennt sich Iris. Übrigens: Die Gewächshäuser sind seit kurzem öffentlich zugänglich. Auf einem Rundgang können Besuchende einen Blick in den Betrieb werfen und in warmer, feuchter Luft beobachten, wie die Pflanzen gepflegt werden. 

Gut möglich, dass man zwischen Scheune, Mühle und Englischem Garten spazierend die Zeit vergisst. Dass einem am plätschernden Bach, nach den Zierpflanzensammlungen, den Nutzpflanzengärten und Naturschutzflächen der Tag abhandenkommt. Beim Lunch am Teich vor der Villa Merian vertut man sich leicht im Jahrhundert und würde nicht hin und wieder der Joggeli-Turm zwischen den Bäumen hervorblitzen; man könnte meinen, man sei irgendwo im Nirgendwo. Ist man nicht. Das Paradies liegt inmitten der Stadt, im Hier und Jetzt. 

BESUCH DER MERIAN GÄRTEN

Die Merian Gärten sind täglich von 8 Uhr bis Sonnenuntergang geöffnet und kostenlos zugänglich. Die Gewächshäuser können von Montag bis Freitag zwischen 8 und 17 Uhr besichtigt werden. Regelmässig gibt es Führungen, Rundgänge und praktische Gartentipps von den Profis. Von Juni bis August findet jeweils sonntags eine musikalische Matinee statt. Kulinarisch umsorgt wird man im Restaurant Iris und in der warmen Jahreszeit auch in der Villa Merian. 

Mehr Infos zum Club Iris und dem Team der Freiwilligen unter meriangärten.ch