Die Modedesignerin Arabella Miller betreibt an der Hammerstrasse ein Strickmaschinen-Atelier, wo sie Interessierten in Kursen die Maschinen erklärt und ihnen zeigt, wie man mit traditionellem Handwerk zeitgemässes Design produziert.

Bereits als Kind drapierte sie gerne Stoff um sich herum. Für ihre Maturarbeit nähte sie ein Rokoko-Kleid à la Madame de Pompadour mit Volants ohne Ende. Es folgte ein Modedesign-Studium an der HGK (Vorliebe: Männermode) und ein Umzug nach London, um sich am Royal College of Art im Master auf Menswear zu spezialisieren. Doch dann kam alles anders. Arabella Miller wurde versehentlich im Studiengang ‘Knitwear’ eingeteilt. «Ich sagte denen nein, ich mache Menswear, ich kann gar nicht stricken! Aber man machte mir klar; entweder ich füge mich, oder ich muss wieder heim.» Heute lacht sie darüber. Wir sitzen in ihrem Atelier an der Hammerstrasse, umgeben von Strickmaschinen und bunten, selbstgestrickten Arbeiten.

«Die Schweiz war einst DAS Land bei der Entwicklung und Herstellung von Strickmaschinen!»

Arabella begann in London noch einmal von vorne. Während ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen bereits alle einen Bachelor in Strick hatten, setzte sie sich nach einer kurzen Einführung zum ersten Mal an eine Strickmaschine. «Ich habe nur geflucht!», erinnert sie sich. Dennoch wollte sie das Handwerk beherrschen und sass dafür stundenlang, tagelang, wochenlang an der Strickmaschine. Maschinen, die notabene aus der Schweiz kamen, denn, so erzählt sie: «Die Schweiz war einst DAS Land bei der Entwicklung und Herstellung von Strickmaschinen!» Bis heute ist die Dubied-Maschine aus dem Val de Travers im Kanton Neuenburg und auch der «Patent Schnell Strick Apparat» – kurz Passap – aus Dietikon weltweit im Einsatz, auch wenn es die Unternehmen dahinter längst nicht mehr gibt. 

Von der Not zur Tugend
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts strickten viele Frauen zu Hause an Maschinen, um in Heimarbeit die Haushaltskasse aufzubessern. Auch als nach dem zweiten Weltkrieg kleine Handstrickmaschinen aufkamen, konnte sich die modische Hausfrau schnell und günstig ein neues Outfit selbst stricken; je nach Muster brauchte sie dafür nur wenige Stunden. Bis heute stehen die Maschinen in vielen Kellern herum – und natürlich im Atelier von Arabella. Sie organisierte sich bereits kurz nach ihrer Rückkehr aus London die erste Passap auf tutti.ch. Zum Glück beherrschte sie das Handwerk damals bereits, denn «allein mit der Bedienungsanleitung das System zu verstehen, ist wirklich schwierig», findet sie. «Ich glaube, daran sind damals auch viele Hausfrauen gescheitert.»

«Maschinenstricken ist eine Nische, aber lernen kann das jeder!»

Darum bietet Arabelle heute Schulungen in kleinen Gruppen an, nach denen man mit einem Schal, mit Socken oder einem Pullover nach Hause kommt. «Maschinenstricken ist eine Nische», weiss Arabella, «aber lernen kann das jeder!» Betrachte ich Arabella bei der Arbeit, sieht es aus, als bräuchte es reichlich Geduld und Fingerspitzengefühl, um mit den zarten Nadeln, der Wolle und der Technik eins zu werden. Arabella ist unterdessen definitiv Profi und ein grosser Fan von der Arbeit an den unzerstörbaren Maschinen. Und sie hat noch einiges vor: Zum einen möchte sie ihre bislang kleine Kollektion an eigenen Strick-Designs erweitern, zum anderen ist sie mit der Fair Fashion Factory Basel daran, einen neuen Produktionsstandort für Strickereien aufzubauen. Definitiv wird sie weiterhin Kurse anbieten. Und wer weiss, vielleicht kommt der Trend zurück und wir stricken unsere Kleider bald wieder selbst?