In einer Werkstatt an der Helsinki-Strasse am Dreispitz entwickelt Herzog & de Meuron Möbel, Lampen und Accessoires für ihre Architekturprojekte. Ein Besuch im Atelier von H&dM Objects, dem Mekka kluger, nachhaltiger Designlösungen.

Der Eingang zur Helsinki-Strasse 9 ist unscheinbar. Eine graue Metalltür in der Betonfassade. Kein Türschild, lediglich ein gelb markiertes Parkfeld gibt einen Hinweis: ‘HdM’ steht da. Seit dem Bau von Projekt 312, Helsinki Dreispitz, haben Herzog & de Meuron hier, im Betonsockel des Gebäudes, ihr Atelier, das gleichsam das Herz von H&dM Objects ist.

Herzog & de Meuron braucht keine weitere Erklärung. Bauwerke wie die Roche-Türme in Basel, die Elbphilharmonie in Hamburg oder die Tate Modern in London sprechen für sich. Weniger bekannt sind jedoch die Objekte, die H&dM für ebensolche Bauwerke entwirft. Bereits 1988, zehn Jahre nach der Bürogründung, entstand eine erste Lampe für ein Gebäude an der Hebelstrasse. «Das war eine Glühbirne in einem Kasten, supersimpel», erzählt Ascan Mergenthaler, Senior Partner und neben seiner Arbeit an Projekten zuständig für das Objects-Teams. Die Lampe ist aus der Not heraus geboren. «Die auf dem Markt erhältlichen Designs waren für die Architektur des Projekts zu laut, zu viel, beinahe wie ein Fremdkörper. Darum entwarfen wir eine radikal einfache Lösung – und so nahm das Ganze seinen Lauf ...»

«Die besten Lösungen entstehen immer im Dialog»
Ascan Mergenthaler

Von der Idee zum Objekt
Über 600 Objekte wie Stühle, Leuchten, Tische, Hocker, Kleiderhaken, Textilien, Sitzbänke oder Türdrücker sind es unterdessen, allesamt massgeschneidert für bestimmte Gebäude, Orte oder Menschen. Und laufend kommen neue Objekte hinzu. Ihren Anfang nehmen sie alle an der Helsinki-Strasse 9. «Inputs und Ideen zu den Objekten kommen aus den Projekten, entweder von Jacques und Pierre direkt oder einem anderen Partner, und werden hier im Atelier besprochen und weiterentwickelt», erzählt Ascan. Ist die Design-Idee erstmal im Atelier, beginnt das Ausprobieren anhand von einfachen, später aufwendigeren Prototypen, die immer im Massstab 1:1 und mit verschiedenen Materialien und Techniken hergestellt werden. Dieser Prozess führt oft auch zu neuen Ansätzen. Sture Vorgaben gibt es bei H&dM nicht. «Die besten Lösungen entstehen immer im Dialog», ist Ascan überzeugt. «Das ist bei unseren Architekturprojekten nicht anders. Das Ganze ist ein Prozess, ein Erforschen und kritisches Reflektieren und manchmal auch ein Trial-and-Error.»

Hier am Dreispitz werden die Ideen durchdacht, gebaut, verändert, weiterentwickelt. Hinter diesem Prozess steht als treibende Kraft Kunsthandwerker Roman Aebi. Er leitet das Atelier, experimentiert mit Material, entwickelt Designs, baut Mockups und Prototypen. Das Atelier ist seine Werkstatt. In dem siebeneinhalb Meter hohen Raum stehen Modelle von Stühlen und Tischen neben gestapelten Holzbrettern, Fräsen neben Sägen. Auf diversen Ablagen liegen Werkstücke, Auslagen mit Silikon, Metall, Stein, Kork, Papier und Schaumstoff, Material zum Anfassen. Da steht ein Amboss, aber auch eine Nähmaschine, hier findet sich ein 3D-Drucker, aber auch Schleifmaschine, Borer, Hobel, Schraubzwingen. «Erst wenn man etwas baut, spürt man, wie sich ein Objekt anfühlt», erklärt Ascan. «Dann merkt man, ob die Idee funktioniert. Uns passiert es immer wieder, dass wir überrascht werden. Dass ein Hocker oder ein Tisch dann eben doch noch wackelt oder gar umkippt. Die physischen Kräfte richtig einzuschätzen ist manchmal schwierig.»

Qualität und Funktionalität für Zuhause
Gerade beschäftigt sich das Team mit einem Tisch, der durch einen so simplen wie auch effektvollen Mechanismus in der Höhe verstellt werden kann. Verschiedene winzige Varianten aus dem 3D-Drucker liegen in einem Karton, ein erster Prototyp steht im Raum. Es sind die bestechend einfachen Ideen in Kombination mit den hochwertigen Materialien und der sauberen Verarbeitung, welche die HdM-Objekte so charmant machen. Da ist der Nose to Tail Stuhl, der aus der grösstmöglichen Nutzung einer einzigen Sperrholzplatte entsteht. Oder der Hocker namens Hong Kong, der aussieht wie ein dreidimensionales chinesisches Schriftzeichen. Er kommt flach verpackt daher und wird aus verschiedenen Holzteilen wie ein Puzzle zusammengesteckt. Keine Schraube, kein Leim, nur ein simpler Dorn fixiert die Konstruktion – genial einfach, wenn auch beim Zusammenbau etwas knifflig. Sogar Ascan und Roman gelingt er nicht auf Anhieb. «Es gibt eine Video-Anleitung auf unserem Webshop», lacht Ascan «damit klappt’s problemlos!»

«Die physischen Kräfte richtig einzuschätzen ist manchmal schwierig.»
Ascan Mergenthaler

Hocker wie auch Stuhl sind neben diversen anderen Objekten im HdM-Webshop erhältlich, einem Webshop, der nach wie vor als Geheimtipp gilt. In Zukunft soll es die schönen Stücke auch in ausgewählten Läden geben. Für alle, die daheim gern einen Tisch hätten, der fürs Trois Rois entworfen wurde. Oder einen Sessel, der in den Hotelzimmern vom Volkshaus steht. Entwickelt mit grosser Gestaltungs-Freude und hohem Anspruch an Funktionalität, Nachhaltigkeit, Qualität und Handwerk am Dreispitz.

 hdmobjects.com