Beim Betreten des Museums Tinguely kommen einem noch mehr Geräusche und Klänge als verworrenes Sammelsurium entgegen als üblicherweise. Im Erdgeschoss werden erstmals die vier «Méta-Harmonien», die Jean Tinguely zwischen 1978 bis 1985 kreiert hat in einem Ensemble präsentiert. Um diesen Dialog zu erfahren wurden die Werke aus Wien und Karuizawa (Japan) geliehen.
Es ist Sonntagnachmittag und draussen ist es wie gewöhnlich in dieser Jahreszeit grau in grau. Zwischen den kybernetischen Arbeiten ist eine Bühne errichtet, worauf eine musikalische Intervention mit einem Kontrabass stattfindet. Solcherart musikalische Performances finden, wie ich erfahre, mehrfach während der Sonderausstellung statt. Ich als komplette Musik-Laien bin absolut fasziniert, vermischen sich doch die ratternden, quietschenden und klappernden Geräusche der Kunstwerke Tinguelys mit der musikalischen Interventionen und fügen hiermit ein neuartiges Klang-Ensemble zusammen. Dadurch wird einerseits die musikalische Performance auf eine andere Weise erlebbar und gleichsam auch die Kunstwerke von Tinguely selbst. Ein einzigartiges Erlebnis!
Die Geräusche und Klänge der Tinguely Maschinen, (wenn wir denn hiervon sprechen können), erscheinen den Besucherinnen und Besuchern alles andere als durchdachte Kompositionen. Jean Tinguely gibt den Tönen vielmehr Freiheit, die Werke agieren als Ton-Mischmaschinen, welche der alltäglichen Vorstellung von einstimmiger Musik deutlich arbiträr entgegenstehen. Tinguely versucht mit seinen «Méta-Harmonien» nicht dem Konzept «Neuer Musik» zu entsprechen. Doch was beabsichtigt er mit seinen Werken, die fortlaufend zwischen Musikmaschinen und Maschinenmusik hin und her schwanken? Der Ton dient ihm als Material seiner Kunst, wird aber in den Gesamtinszenierungen gleichsam frei gegeben. Das scheinbare Chaos in Form eines Spektakels scheint im Vordergrund zu stehen. Das Visuelle und das Musikalische sowie Bewegung und Spannungen scheinen in einem unaufhörlichen Loop miteinander verwoben zu sein. Hiermit eröffnet sich ein absolut aktuelles Alltagsthema: «Multitasking». Dieses Hin- und Her-Switchen zwischen unterschiedlichen Bereichen wird von Jean Tinguely aber diametral der gängigen neoliberalistischen Paradigmen entworfen. Nicht das Eine und das Andere müssen gleichsam perfekt ihre Lösung und ihren Platz finden. Die Grenzen unterschiedlicher Bereiche werden intermedial aufgelöst. Und genau dies macht die Faszination dieser Ausstellung aus: Unterschiedlichste Phänomene paritätisch erleben zu können, in einem chaotischen Gesamten.
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