Die Geschichte des Teufelhofs zeugt von Leidenschaft und Liebe, von Mut, Durchhaltewillen und grossen Träumen. Davon, dass sich unkonventionelle Ideen etablieren können, auch wenn sie anfänglich auf Abwehr stossen. Aber beginnen wir von vorn: Da ist das in der Kleinkunstszene aktive Ehepaar Monika und Dominique Thommy-Kneschaurek, das sich nach sieben Jahren Tingeltangel sesshaft machen will. Inmitten der 1970er Jahre eröffnen die beiden am Andreasplatz ein Theater-Café mit dem Namen «Zum Teufel». Dessen Konzept ist so einfach wie bestechend: Um unabhängig zu sein von Subventionen, soll das Kaffee tagsüber genug Einnahmen für die abendlichen Theaterproduktionen generieren.
Die Erwartungen sind hoch, Monika Thommy, von Anfang an für den gastronomischen Teil verantwortlich, ist motiviert. Die leidenschaftliche Hobbyköchin kocht einfache Suppen und Eintöpfe, serviert Birchermüesli und backt Kuchen im Akkord, um genügend Geld für das abendliche Theaterprogramm zu erwirtschaften. Das Konzept geht auf: Monika Thommys bodenständige Küche findet Anklang, das unkonventionelle Theaterprogramm von Ehemann Dominique ebenfalls. Nach einigen Jahren drängt sich der Wunsch nach einem grösseren Theater mit mehr Publikum auf. Zudem wollen die beiden nun auch raumgreifende Kunst erlebbar machen. Sie träumen von kunstvoll inszenierten Räumen, in denen gewohnt werden kann. Ein Kunst- und Kulturhotel – das wär’s!
Den Ort dafür finden sie am Leonhardsgraben. Da steht ein Gebäude seit 13 Jahren leer, hat ein kaputtes Dach und feuchte Böden, doch die Thommys wissen sofort: Das ist unser Haus. Über sechs Jahre lang kämpft das Ehepaar fortan darum, eine Bewilligung für ihr Gast- und Kulturhaus zu erhalten. Doch scheinbar alle haben sich gegen sie verschworen. Die Anwohnenden, weil sie sich vor einem linken Zentrum, vor Drogen und Prostitution fürchten. Andere Wirte und Hoteliers scheuen die Konkurrenz. Bis vor Bundesgericht wird prozessiert, dann kann der Umbau endlich beginnen. Die während der Sanierung entdeckten alten Stadtmauern – ein archäologischer Fund, der für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden muss – kosten die Thommys nach dem langjährigen Bewilligungs-Kampf ein Lächeln.
Am 28. April 1989 feiert der Teufelhof Eröffnung. Acht kunstvoll gestaltete Zimmer sind bezugsbereit. Das heutige Zimmer 9 bewohnen die Thommys. Im Theater präsentiert Joachim Rittmeyer eine Uraufführung. Im Restaurant Bel Etage serviert der bereits damals renommierte Küchenchef Michael Baader seine Kreationen. Doch stopp – hier müssen wir noch einmal zurück. Dass Michael Baader bis heute im Teufelhof kocht, ist nämlich eine fantastische Geschichte ...
Monika Thommy, die sich bereits im Theater-Café immer intensiver mit kulinarischen Themen auseinanderzusetzen beginnt – wohl auch, weil ihr die aufkommende Nouvelle Cuisine so gar nicht gefällt – bekommt ein Kochbuch in die Hände, dessen Gerichte sie begeistern. Eines Nachts träumt sie vom zukünftigen Küchenchef ihres zukünftigen Kultur-Hotels. Es ist Michael Baader, einer der Autoren eben dieses Kochbuches, der ihr wegen seinem Gugelhupf-Rezept mit Gänseleber bestens in Erinnerung ist. Monika Thommy schreibt ihm einen Brief, es entsteht ein Briefwechsel, Michael Baader besucht die Thommys am Andreasplatz, schaut sich die Ruine, die dereinst sein Gourmetrestaurant werden soll an – der Rest ist Geschichte. Einen Michelin Stern und 16 Gault Millau Punkte hat das Bel Etage im Teufelhof heute. Michael Baader ist ein Traumkoch im wahrsten Sinne des Wortes.
Bereits als ich zum ersten Mal hier hereinspaziert bin, habe ich gespürt; das ist ein gutes Haus. Raphael Wyniger
Die Thommys ihrerseits gehen 2009 in Pension und übergeben ihr Lebenswerk an Raphael Wyniger. Er, feinfühliger Hotelier und langjähriger Teufelhof-Fan, kennt das Haus seit seinem Service-Praktikum als 24-jähriger Student der Hotelfachschule. Mit der damaligen Rezeptionistin hat er heute drei Kinder. «Bereits als ich zum ersten Mal hier hereinspaziert bin, habe ich gespürt; das ist ein gutes Haus», erzählt er. Ruhig und besonnen berichtet er von der fortschrittlichen Führungskultur der Thommys, von deren tollem Konzept, dem stets innovativen Angebot und «dem wahrscheinlich besten Küchenchef der Welt.» Und er ist sich sicher: «Das ist mein Ort.»
Leiten den Teufelhof heute gemeinsam: Raphael Wyniger (links) und Carmen Basler (rechts).
Die ersten zwei Jahre überstand ich nur mit Glück – und mit Beharrlichkeit. Raphael Wyniger
Nach seinem Praktikum im Teufelhof arbeitet Raphael Wyniger bei Pricewaterhouse Coopers, später bei Basel Tourismus. «Doch ich kam immer wieder zum Teufelhof zurück», berichtet er schulterzuckend. Es scheint, als hätte er sich dem Zauber des Hauses unmöglich entziehen können. Und dann, er ist gerade mal 31, bieten ihm die Thommys an, den Teufelhof zu übernehmen. «Ich war naiv, habe das Ganze völlig unter- und mich total überschätzt», gibt er heute zu. «Die ersten zwei Jahre überstand ich nur mit Glück – und mit Beharrlichkeit.» Selbst als ihn die Banken zwingen, das Teufelhof-Konzept zu hinterfragen, weigert er sich. «Ich war immer überzeugt vom Kern des Hauses!» Und er ist es bis heute. Sein ganzes Tun, die 2015 gegründete Wyniger-Gruppe mit allen Restaurants, Bars, der Brauerei, diene am Ende nur einem Zweck: Dem Erhalt des Teufelhofs. Und so kommt sein Wunsch für die Zukunft auch nicht überraschend: «Die Seele des Hauses soll erhalten bleiben.» Zu dieser Seele gehört bis heute Chefkoch Michael Baader. «Der servierte Monika Thommy an ihrem letzten Arbeitstag übrigens endlich und zum ersten Mal den Gugelhopf, weswegen sie einst von ihm geträumt hatte», lächelt Raphael Wyniger. Seine achtsame Art über den Teufelhof zu sprechen, lässt keine Zweifel: Er liebt dieses Haus mit seiner kuriosen, fantastischen und herzerwärmenden Biographie. Und er wird alles dafür tun, um die Geschichte an diesem besonderen Ort weiterzuschreiben. Auf Teufel komm raus.
Der Teufelhof Basel – Gast- und Kulturhaus
Mitten in der Altstadt wurde der Teufelhof aus zwei historischen Stadthäusern zusammengelegt. Er beinhaltet heute ein Hotel, ein Theater, das Restaurant Atelier, das Restaurant Bel Etage, eine Bar, ein Kaffee, eine Brauerei sowie einen Weinladen. Im Galeriehotel finden wechselnde Ausstellungen statt. Die neun Kunstzimmer sind bewohnbare Kunstwerke, die in unregelmässigen Abständen neugestaltet werden. Das Theater umfasst 100 Plätze und zeigt pro Woche drei Kabarett- oder Satire-Vorstellungen. Im «Bauch» des Teufelhofs befindet sich der Archäologische Keller, eine Vorzeigestation für die Vermittlung historischer Bausubstanz in Basel mit alten Basler Stadtmauern aus dem 11. und 13. Jahrhundert.