Es heisst, wer in der Zukunft lesen will, muss in der Vergangenheit blättern. Das habe ich mir zu Herzen genommen und einen ganzen Sonntagnachmittag mit der stattlichen Merian-Verlag-Neuerscheinung «Eine Welt aus Bildern» auf dem Sofa verbracht. Dabei habe ich Erstaunliches gesehen und sehr viel gelernt. Über das Handwerk der Fotografie und darüber, mit welchen technischen Schwierigkeiten Reporter in den 1920er/1930er Jahren zu kämpfen hatten (Stichwort: Blitzpulver). Aber auch über die Geschichte der Stadt Basel. Über Bahnhofsabschiede nach der Generalmobilmachung 1939. Über flüchtende Menschen während des zweiten Weltkrieges und über Bomben, welche 1940 auch Bauten in Basel und Binningen trafen.
«Eine Welt in Bildern» zeigt einen Auszug aus einem der bedeutendsten Schweizer Fotobestände des 20. Jahrhunderts – dem Archiv Foto Jeck Basel. Das erste Geschäft von Foto Jeck wurde 1924 am Spalenberg eröffnet. Ab da haben die Jecks über zwei Generationen und über 80 Jahre lang das gesellschaftliche Leben in Beruf, Alltag und Freizeit fotografisch dokumentiert. Lothar Jeck (1898–1983) gilt heute als einer der wichtigsten Schweizer Sportfotografen des 20. Jahrhunderts. Gemeinsam mit seinem Sohn Rolf Jeck (*1935) hat er die grossen und kleinen Momente der Weltgeschichte in Basel, in der Schweiz und im europäischen Ausland dokumentiert.
Der Bildband zeigt teils unveröffentlichtes Fotomaterial in eindrücklichem Grossformat. Eine wahre Fundgrube für spannende Geschichten ist das, denn Lothar Jeck war dabei, als sich Josephine Baker für ihren Auftritt im Küchlin Variété schminkte. Als das Luftschiff Graf Zeppelin am Flugplatz Basel-Sternenfeld landete. Als auf der Johanniterbrücke ein Auto verunfallte und beinahe in den Rhein fiel. Er war an der Fasnacht, beim Zirkus Knie und an der Herbstmesse. Fotografierte Teenager am Rhein, Velofahrer in der Gerbergasse und Menschenmassen am Generalstreik.
Da Lothar Jeck anfangs oft der einzig anwesende Fotograf war, genoss er ein gewissen Ansehen. So konnte er sich beim Fotografieren eines Fussball-Länderspiels auch mal direkt in den Strafraum stellen.
Zu verschiedenen Bildern äussern sich Lothar und Rolf Jeck im Buch persönlich, indem sie berichten, was sie vor, während und nach der Bildauslösung gesehen, erlebt und gedacht haben. Überdies ordnen Fachautorinnen und -Autoren den Foto-Bestand der Jecks in die regionale und nationale Fotografiegeschichte ein und beleuchten etwa die Arbeit für das Verlagshaus Ringier, das Konzept des «Augenzeugen» oder den parallelen Aufschwung von Sport und Sportfotografie nach dem Ersten Weltkrieg. Das Buch ist eine Zeitreise durchs vergangene Jahrhundert und ein Muss für alle, die sich für die Welt im Ganzen und für das Geschehen in und um Basel im Besonderen interessieren.
Die Geschichte von Foto Jeck Basel
Lothar Jeck, 1898 in Basel geboren, war nach dem Schulabschluss Laufbursche im Foto-Geschäft Dierks in Basel. Bereits zur Zeit des ersten Weltkrieges war er jedoch mit eigener Kamera unterwegs. 1925 eröffnete Lothar Jeck ein Fachgeschäft für Fotografie am Spalenberg 26. Ab 1939 an der Gerbergasse und ab 1952 zusätzlich an der Falknerstrasse wurde das Fotogeschäft zu einer wichtigen Instanz. Darüber hinaus arbeitete Jeck als Pressefotograf und machte für das Verlagshaus Ringier und viele weiteren Zeitungen und Illustrierte Pressebilder und Fotoreportagen.
Ab 1971 führte Sohn Rolf Jeck mit seiner Frau Verena das Geschäft weiter. 2018 wurde der Verein zur Erhaltung des Fotoarchivs Jeck gegründet – so konnte die geschlossene Sammlung mit mehreren hunderttausend Bildern erhalten, inventarisiert und teilweise digitalisiert werden. Sie wurde schliesslich dem Staatsarchiv Basel-Stadt übergeben, damit die Fotos auf Dauer öffentlich zugänglich gemacht werden können.
FOTO JECK BASEL - Eine Welt aus Bildern
Die umfassende Publikation zur Basler Fotografendynastie Jeck ist erschienen beim Christoph Merian Verlag.
merianverlag.ch