Die positive Energie erfasst dich bei Dress up gleich auf den ersten Metern. In diesem Store scheint die Sonne selbst, wenn’s draussen regnet. Diese Farben! Diese Stoffe! Dieser Ausblick! Umgehend bekommt man Lust, sich allem Schwarz und sämtlichem Grau zu entledigen, um fortan nur noch in hellen Blusen, fliessenden Kleidern und bunten Blazern durch die Strassen der Stadt zu tanzen. In Turnschuhen, natürlich. Denn, so betont Annette Gasser, Inhaberin des Concept Stores: «Vor dreissig Jahren hätte zwar niemand Turnschuhe zu einem Kleid oder einem Anzug getragen – aber heute sind Sneaker ein absolutes Muss!»
Es ist Annette Gassers erklärtes Ziel, die Welt ein wenig farbiger zu machen. Und sehr viel stilvoller. Die Labels, die sie anbietet, sind zum Teil nirgendwo sonst in Basel zu finden. Ihre Passion ist der Mix aus verschiedenen Brands und Stilrichtungen. Es macht sie glücklich, wenn sie ihre Kundinnen zu Neuem inspirieren kann und die sich am Ende in ihrem ganz persönlichen und individuellen Look wundervoll fühlen. Um diesen Service zu ermöglichen, ist Annette laufend auf der Suche nach neuen Labels. Oft findet sie diese auf Reisen – wie zum Beispiel die unfassbar schmeichelhaften Kleider der Designerin Hanout die sie in Marrakesch entdeckte. Oder Odeeh, das Label eines deutschen Designer-Duos mit lauten, gewagten Mustern. Viele Labels bei Dress up kommen auch aus Frankreich und Italien – zwei Länder, für deren Mode Annette Gassers Herz besonders stark schlägt.
Jetzt oder nie, habe ich mir gesagt, sonst ist es zu spät.
Woher ihre Liebe zur Mode kommt? «Sie war immer da», erzählt Annette. Schon als sie nach ihrer KV-Ausbildung auf einer Bank jobbte, habe sie jeweils in der Mittagspause fast ihr ganzes Geld für Mode auf den Kopf gehauen. «Damals natürlich meist bei H&M – aber bereits in wilden Kombinationen ...» Dass die Bank nicht ihre Welt war, wusste sie bald. Und als sie den Besitzer einer welschen Ladenkette kennenlernte, dessen Filiale in Basel schlecht lief, bot sie ihm an, den Laden zum Fliegen zu bringen. Tatsächlich bekam sie die Chance. Probeweise, für ein halbes Jahr. «Ich war 20 und hatte keine Ahnung vom Geschäft», weiss Annette heute. «Aber ich war auch jung, unverbraucht und begeistert.» Nach einem halben Jahr hatte sich die Filiale finanziell erholt und sie bekam einen festen Arbeitsvertrag.
Erst viel später, nämlich vor rund zehn Jahren, fasste sie den Mut, sich selbständig zu machen. «Jetzt oder nie, habe ich mir gesagt, sonst ist es zu spät.» Ihre Kundinnen kennt Annette Gasser heute zu 80% persönlich. Trinkt auch mal einen Kaffee mit ihnen oder ein Cüpli. Und weil sie die Labels selber aussucht, den Einkauf eigenhändig erledigt und auch immer noch persönlich im Laden steht, weiss sie unterdessen sehr genau, welche Teile in welchen Grössen bei wem gut ankommen. «Manchmal informiere ich meine Kundinnen per SMS, wenn ich etwas im Laden habe, das ihnen perfekt stehen würde ...». Nach wie vor ist die Mode Annette Gassers Passion. Immer noch reist sie zwischen Dezember und März quasi jedes Wochenende nach Mailand oder Paris, um neue Kollektionen einzukaufen. «Im Geiste bin ich sieben Tage und sieben Nächte im Geschäft», erzählt sie. Bis heute sei sie immer wieder erstaunt und stolz, was für herrlich verrückte Sachen ihre Kundinnen sich leisten, obwohl in Basel das Klientel ja eher zurückhaltend sei. «Allein; auf der Strasse sehe ich die verrückten Stücke selten, so schade! Das Strassenbild ist nach wie vor grau, blau und schwarz», schmunzelt Annette. Will heissen: Es gibt für sie noch viel zu tun!
Von Leggins, Zuckerwasser und der Liebe zum Garten
Zehn Fragen an Annette Gasser
Welches war dein erstes Designer-Teil?
Eine Chloé-Handtasche. Ich habe sie allerdings nicht mehr, denn ich bin relativ rigoros damit, Dinge wegzugeben.
Kleiderschrank oder Ankleide?
Drei schmale Schränke. Ich versuche jedoch, meinen Mann zu verdrängen – das lässt er sich aber leider nicht bieten. Weil ich wenig Platz habe, aber auch, weil ich die Sachen nur eine Saison lang tragen kann, gebe ich regelmässig Kleider weg. Ich sollte im Laden nämlich anziehen, was aktuell im Sortiment ist. Die Kundinnen möchten die Stücke, die sie an mir sehen, auch kaufen können.
Welche Farben gehen gar nicht?
Gelb und lila fand ich bis vor kurzem absolut schrecklich. Unterdessen bin ich jedoch auch diesen Farben erlegen …
Können Farben zuviel werden?
Ja. Tatsächlich ertrage ich den Regenbogen in meinem Laden manchmal nur in einem Totallook in Uni. Weiss oder crème wähle ich dann gerne – schwarz empfinde ich an mir immer mehr als Killer. Vielleicht das Alter?
Worauf hast du modemässig keine Lust mehr?
Auf Leggins. Überhaupt finde ich alles Eingeschnürte, Enge schwierig. Die Frau hat sich ja gottseidank emanzipiert und muss nicht mehr alles herzeigen.
Was sollte jede Frau im Schrank haben?
Mit einer Jeans, einem weissen T-Shirt, einem guten Schuh und einer guten Tasche bis du heute voll mit dabei. Ich empfehle noch einen gutsitzenden Blazer, eine weisse Bluse und heute natürlich Pflicht: Sneakers. Ein oder zwei hochwertige Stücke reichen übrigens.
Passen Fashion und Nachhaltigkeit zusammen?
Ja, wenn man versucht, Asien als Produktionsland zu vermeiden und bewusst nur einzelne Stücke kauft, die sich gut in die bestehende Garderobe integrieren lassen. Und natürlich, wenn man auf Online-Shopping verzichtet. Nachhaltig ist nämlich auch, da einzukaufen wo man wohnt.
Lieblingsmaterial?
Leder, Jeans und Bouclé. Und jetzt, wo ich älter werde, auch Pailletten …
Die Modemässig schlimmste Zeit in deinem Leben?
Ich hatte da mal eine New Wave Phase … Damals mussten sämtliche Kleider schwarz sein, die Stiefel spitz, die Haare mit Zuckerwasser aufgestellt und die Augen dunkel geschminkt. Grauenhaft!
Wenn nicht Mode – was dann?
Als Jugendliche war Hebamme mein Traumberuf. Allerdings würde ich heute vermutlich eher in Richtung Interiordesign oder Garten gehen. Leider sieht mein Garten aktuell nicht danach aus, aber früher habe ich tagelang Beete umgestochen und Dinge angepflanzt – Gartenarbeit beruhigt.