Es ist das wahrscheinlich dreckigste Schaufenster der ganzen Stadt – und dennoch eines der spannendsten. Seit 1913 befindet sich die @Schlosserei Weiland am Münsterberg 16 – das Hämmern aus der Werkstatt, die Arbeit mit dem Feuer und glühend heissem Metall fasziniert auch heute noch. Christoph Weiland, der das Basler Familienunternehmen in der 4. Generation führt, bekommt täglich Besuch von kleinen wie grossen Zuschauern: «Es gibt wohl kaum ein Geschäft mit dreckigeren Schaufenstern. Das hat einerseits mit unserer Arbeit zu tun und andererseits mit den vielen gwundrigen Leuten, die sich ihre Nase an der Fensterscheibe platt drücken. Wir könnten jeden Tag die Fenster putzen, doch ich denke, die dreckigen Scheiben gehören zum Charme unserer Werkstatt dazu.» Die Faszination für das Handwerk scheint ungebrochen zu sein. Wohl auch, weil jedes Handwerk auch immer eine Kunst darstellt.
«Es gibt wohl kaum ein Geschäft mit dreckigeren Schaufenstern. Das hat einerseits mit unserer Arbeit zu tun und andererseits mit den vielen gwundrigen Leuten, die sich ihre Nase an der Fensterscheibe platt drücken.» (Christoph Weiland)
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Familiäre Stabübergabe ohne Druck
Wenn Christoph Weiland auf die über 100-jährige Geschichte des Familienunternehmens zurückblickt, dann tut er dies auf sehr nüchterne Weise. Vieles sei einfach passiert und hätte auch ganz anders verlaufen können: «Mein Urgrossvater wollte ursprünglich nach Amerika auswandern. Als dann die Titanic 1912 unterging, dachte er, er bleibe wohl lieber hier. 1913 gründete er dann die Schlosserei.» Auch die spätere Übernahme durch den Grossvater sei alles andere als selbstverständlich gewesen: «Mein Grossvater war eigentlich Bäcker von Beruf und hätte dies auch bleiben können.» Auch der Zweite Weltkrieg hätte der Schlosserei ein jähes Ende bereiten können, was – dem Schicksal sei Dank – jedoch nicht geschehen sollte. Vom Urgrossvater über den Grossvater über den Vater bis zum Sohn – die Schlosserei wurde von jeder Generation weitergeführt. «Jedoch immer ohne Druck», betont Christoph Weiland, in dessen Händen das Familienunternehmen seit 1993 ist. «Doch die Freude am Metallbau-Handwerk hat auch mich gepackt und so habe ich als junger Mann die Ausbildung zum Metallbaumeister absolviert!»
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Kaum ein Basler Kunstwerk, das nicht schon einmal das Innere der Werkstatt am Münsterberg gesehen hat
An zwanzig bis fünfzig Projekten gleichzeitig arbeitet Christoph Weiland mit seinem kleinen Team aus fünf Personen. Egal worum es sich handelt – Geländer, Türen, Sonnenstoren, Stahlbauten oder Trägerkonstruktionen – das Handwerk in der Werkstatt besteht einerseits aus grober, körperlicher Arbeit und andererseits aus feinster Millimeter-Arbeit. «Es bedarf einer Perfektion bis ins kleinste Detail», sagt Christoph Weiland und zeigt auf die Metallbögen, die sein Mitarbeiter Roman Heese gerade für eine traditionelle Walliser Alphütte mit Hilfe von Feuer, Hammer und Zange in die gewünschte Form zurechtbiegt. Ein schweisstreibender Job, bei dem man abends weiss, was man den lieben langen Tag geleistet hat.
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Etwas vom Schönsten an der Arbeit in der Schlosserei Weiland ist dabei die Freude am Endprodukt – und dieses dann tagtäglich in der Stadt anzutreffen. Durch die langjährige Geschichte des Unternehmens sowie dessen Spezialisierung auf Kunstschmiedearbeiten und Metallgestaltung, bekommt Christoph Weiland an sehr spezielle und delikate Aufträge, an die sich andere Metallbauer erst gar nicht trauen würden. Wie beispielsweise das Restaurieren der Lanze von Ritter Georg an der Fassade vom Basler Münster. «Ich erinnere mich an den Auftrag hoch oben am Basler Münster, wo du auf uralte Steinmetzzeichen blickst und dann realisierst, dass du die Ehre hast, an diesem monumentalen Bau mitzuarbeiten. Das gibt dann ein sehr schönes Gefühl.»
«Ich erinnere mich an einen Auftrag hoch oben am Basler Münster – das gibt dir dann ein sehr schönes Gefühl.» (Christoph Weiland)
Überhaupt gibt es kaum ein Kunstwerk der Stadt, das die traditionelle Werkstatt am Münsterberg nicht schon einmal von innen gesehen hat. So hat die Schlosserei Weiland den Basilisken der Wettsteinbrücke saniert, den Lällekönig an der Schifflände wieder die Zunge rausstrecken lassen oder die Kunstskulptur von Calder im Park der Fondation Beyeler repariert. Es gibt kaum eine Ecke, kaum ein Winkel der Stadt, die die Schlosserei Weiland nicht mitgestaltet – oder eben buchstäblich mitgeformt hat. Dazu gehören auch die kunstvollen, metallenen Aushängeschilder diverser Traditionsbeizen der Stadt.
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Gutes Handwerk hat goldenen Boden
Während die Digitalisierung in sämtlichen Branchen mit grossen Schritten voranschreitet und teilweise keinen Stein auf dem anderen lässt, so scheint diese technische Umwälzung das traditionelle Handwerk der Schlosserei Weiland weniger zu berühren. «Bei allen handwerklichen Berufen, die mit Dingen zu tun haben, die repariert, restauriert oder mit neuen Teilen ergänzt werden müssen, wird ein gewisser Grundbedarf immer bestehen bleiben.» Die grundlegenden Arbeiten verändern sich nicht. Hämmern, Schweissen, Schleifen, Biegen, Bohren – mit Hingabe und körperlicher Arbeit etwas Kunstvolles gestalten.
«Da wir in einer solch geschichtsträchtigen Stadt leben, die gepflegt werden muss, wird es uns hoffentlich auch noch viele weitere Jahre geben.» (Christoph Weiland)
Christoph Weiland blickt daher zuversichtlich in die Zukunft und ist überzeugt: «Da wir in einer solch geschichtsträchtigen Stadt leben, die gepflegt werden muss, wird es uns hoffentlich auch noch viele weitere Jahre geben.» Sein Sohn hat übrigens auch schon Freude am Metallbau gefunden und kann sich vorstellen, das Traditionsunternehmen einmal zu übernehmen. Natürlich ohne jeglichen Druck von der Familie. Die 5. Generation Weiland steht also bereits in den Startlöchern.
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