Man kann verständnislos den Kopf schütteln oder sich einfach darüber freuen, dass eine kleine Gruppe innovativer Leute regelmässig in der Kälte Holz hackt, einfeuert und in die Pedale tritt, bis das Wasser in einem Basler Brunnen 39°Celsius misst – perfekt für ein geselliges Bad unter freiem Himmel. Am 29. November startet «brunnen gehen» in die neue Saison – judihui!

Initiiert wurde die so kauzige wie auch sympathische Idee, Stadtbrunnen im Winter zu Badeoasen zu machen, vom Kunst- und Gestaltungskollektiv Hotel Regina, das 2017 mit dem Projekt an die ehemalige Funktion der Stadtbrunnen als Begegnungsort anknüpfen wollte. Früher waren die Brunnen nämlich Arbeitsorte, an denen sich Menschen ohne fliessendes Wasser zum Waschen oder Wasser holen trafen. Vor rund 100 Jahren wurden dann die ersten Wasserleitungen direkt in die Häuser gelegt und so ging die soziale Funktion der Brunnen allmählich verloren.

 

In Basel sind die Brunnen im Sommer zwar beliebte Badetümpel, im Winter aber liegen sie brach. Um dies zu ändern, arbeiten seit fünf Jahren rund 15 Brunnenheizerinnen und Brunnenheizer zwischen November und März ein bis zweimal im Monat daran, unterschiedliche Brunnen im Gross- und Kleinbasel aufzuheizen und ihnen so ihre einstige Funktion zurückzugeben – der Brunnen als sozialer Treffpunkt. Im Zentrum steht also eigentlich weniger das herrlich warme Wasser als der soziale Austausch. Aber ohne warmes Wasser würde die Idee natürlich nicht funktionieren.

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Daher werden die ausgewählten Brunnen jeweils mit einem selbstgebauten mobilen Holzofen – wie das gesamte Equipment mit dem Velo transportiert – in stundenlanger Arbeit auf Badetemperatur gebracht. Die Umwälzungspumpe, welche das Wasser in Bewegung hält, hat ebenfalls einen selbstgebauten Motor und wird mit Muskelkraft über Velopedale betrieben. Auch das Holz wird vor Ort von Hand gehackt. Ganz schön viel Arbeit für einen warmen Brunnen in kalter Nacht. Aber wer schon einmal in einem skandinavischen Hot Pot sass oder in einem japanischen Onsen, der weiss: Dampfendes Wasser, kalte Nase – für Deep Talk ist dieses Setting einfach unschlagbar!

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Jeweils ab 18 Uhr kann man sich an der Rezeption beim Brunnen melden und wird dann via Pop-Up-Garderobe und kalter Dusche ins Baderitual eingeführt. Alkohol gibt’s keinen und vom Beckenrand springen ist auch verboten. Dafür geniesst du im 39 Grad warmen Wasser Tee und angeregte Gespräche. Nicht alle Brunnen eignen sich übrigens zum Aufheizen. Der Pisonibrunnen am Münsterplatz etwa oder der Schöneckbrunnen in der St. Alban-Vorstadt sind zu gross, um sie innerhalb nützlicher Frist aufzuheizen. Am 29. November starten wir daher Punkt 18 Uhr mit dem Sevogelbrunnen am Martinskirchplatz. 

Brunnen gehn

Seit diesem Jahr ist «Brunnen gehn» in Basel ein eigenständiger Verein. Finanziert wird er einerseits durch Gönnerschaften (hier erfährst du mehr), andererseits durch die Kollekte an den Badeabenden. ​Brunnen gehn ist eine Nutzung des öffentlichen Raums und soll deshalb für alle Menschen zugänglich sein.

 

Welcher Brunnen wann als nächstes beheizt wird, erfährst du zum Beispiel über den Email-Verteiler, für den du dich hier registrieren kannst.

 

brunnengehn.ch

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