Gib’s zu, du kennst es auch, dieses Gefühl, durch eine Ausstellung zu laufen und dich dabei immer wieder leise zu fragen: «Was verdellinomol soll das eigentlich alles bedeuten?!» Auch das Haus der elektronischen Künste – kurz HeK – auf dem Dreispitz-Areal fordert seine Besuchenden gerne heraus. Ausstellungstitel wie We=Link: Ten Easy Pieces, Et cetera oder unREAL. Die algorithmische Gegenwart machen einem den Zugang zum Thema auch nicht gerade leichter. Doch lass dich davon nicht abschrecken. Lässt du dich erst einmal auf eine Ausstellung ein, wirst du gleich merken, dass dir die im HeK inszenierten Themen viel näher gehen, als es die seltsamen Titel vermuten lassen.
WIR BETREIBEN JA NICHT SELBSTBESPASSUNG. ALLES, WAS WIR MACHEN, MACHEN WIR FÜRS PUBLIKUM. Sabine Himmelsbach
Der Anspruch von Direktorin Sabine Himmelsbach, die sich seit Gründung des HeK im Jahr 2011 für die Etablierung, den Erfolg und die nationale sowie internationale Strahlkraft des Hauses hauptverantwortlich zeichnet, ist dabei ganz klar: «Mir ist total wichtig, dass man versteht, was wir hier tun. Wir betreiben ja nicht Selbstbespassung. Alles, was wir machen, machen wir fürs Publikum.»
Wie der Name Haus der elektronischen Künste impliziert, liegt der Fokus dabei auf zeitgenössischer Kunst, die sich mit den technologischen Entwicklungen unserer Zeit auseinandersetzt und deren Einfluss auf die Gesellschaft. «Ausstellungen wie Future Love oder Real Feelings gingen beispielsweise der Frage nach, wie Beziehungen in Zukunft aussehen werden und was es für unser Zusammenleben bedeutet, wenn Gefühle von künstlicher Intelligenz gelesen werden können», erzählt Sabine Himmelsbach und schwärmt sogleich von zwei der bisher erfolgreichs ten Ausstellungen des HeK. «Die Ausstellung Making Fashion Sense widmete sich den technologischen Auswirkungen auf die Modebranche und stellte interaktive Kleidungsstücke und nachhaltige Innovationen vor, welche die Besucherinnen und Besucher in Staunen versetzten.» Liebe, Beziehungen, Mode – es sind im Grunde genommen Allerwelts-Themen, die das HeK bedient und aus einem ganz spezifischen Blickwinkel anpackt.
WO SICH AUCH DAS GROSI DIE VIRTUAL REALITY-BRILLE AUFSETZT
Einen der schönsten Momente als Direktorin vom HeK erlebte Sabine Himmelsbach während der Ausstellung Die ungerahmte Welt, welche sich mit Virtual Reality als künstlerischem Medium im 21. Jahrhundert auseinandersetzte. Das war 2017 und Virtual Reality als Technologie der Zukunft in aller Munde. Das HeK gehörte damals zu den ersten Institutionen weltweit, die Virtual Reality in der Kunst in einer Ausstellung erlebbar machten. «Ich erinnere mich an Grosseltern, die gemeinsam mit ihren Enkelkindern unsere Ausstellung besuchten und sich zum ersten Mal eine Virtual Reality-Brille aufsetzten. Ich bin überzeugt, sie hätten nie einen Spielsalon betreten – dem Thema Virtual Reality aus einer künstlerischen Perspektive zu begegnen, kam für sie hingegen infrage. Es war sehr schön, zu sehen, wie wir mit einer Ausstellung ein solch generationenübergreifendes Publikum erreichen konnten.»
ICH WÜRDE NIE EINE AUSSTELLUNG MACHEN, DIE DEN MORALISCHEN ZEIGEFINGER HEBT. Sabine Himmelsbach
Neugierde und Lust, etwas Neues kennenzulernen, sind eben an keine Altersgrenze gebunden. Genau darin liegt die Stärke des HeK: neue technologische Innovationen den Menschen zugänglich zu machen, mit ihnen zu spielen, als interaktives Erlebnis mit Emotionen zu versehen und deren gesellschaftliche Relevanz aufzuzeigen. «Mir ist wichtig, dass man durch einen Besuch bei uns emotional bewegt wird, etwas mitnimmt und inspiriert wieder nach Hause geht», sagt Sabine Himmelsbach und betont sogleich: «Ich würde nie eine Ausstellung machen, die den moralischen Zeigefinger hebt. Aber Themen aufzugreifen, über die man sich Gedanken machen sollte – Stichwort Umgang mit Datenschutz oder Künstlicher Intelligenz – finde ich eine wichtige Aufgabe.» Die Vermittlung von Medienkompetenz gehört schliesslich zum Kernauftrag des HeK. Die BitFabrik, welche sich an Kinder und Jugendliche richtet und den jüngsten Mediennutzern einen selbstbestimmten und kritischen Umgang mit Medien und Medientechnologie beibringt, erfreut sich beispielsweise seit Jahren grosser Beliebtheit.
Technologie sollte eben nicht nur Technikern überlassen werden – auch Kunst und Kultur sollten ein Wörtchen mitreden und deren Möglichkeiten wie Risiken aufzeigen. Das HeK befasst sich seit nunmehr zehn Jahren mit technologischen Entwicklungen, die uns früher oder später alle etwas angehen. Genau dies zeigen die Ausstellungen auf, welche Kunstschaffenden aus Basel, der Schweiz und der gesamten Welt eine Plattform bieten und ihnen ermöglichen, sich verwirklichen zu können und sich darüber hinaus einen Namen zu machen. Nach mehrmonatiger Corona-Pause darf das HeK nun endlich wieder Besuch empfangen. Die aktuelle Ausstellung Shaping the Invisible World widmet sich digitaler Kartografie und der Macht internationaler IT-Konzerne – Google Maps lässt grüssen – und im Herbst lockt die Ausstellung Radical Gaming mit fantastischen Game-Welten. Da schaut dann vielleicht auch wieder das neugierige Grosi mit ihren Enkelkindern auf dem DreispitzAreal vorbei.