Da ist neuerdings so ein Berliner am Totentanz, der macht die geilsten Kuchen und Sandwiches – etwa das war die Meldung, die vor zwei Jahren in Basel die Runde machte. Der Berliner heisst Daniel Menzel und seine Kreationen verkauft er im Conceptstore «Antoinette» unter dem Label «Dan’s Lab». Kuchen im Kleiderladen? Das Konzept hat einen simplen Hintergrund. Stephanie Boehm, die «Antoinette» seit sieben Jahren führt, ist Daniels Liebste. Die Geschichte der beiden könnte aus einer turbulenten französischen Romanze stammen. Einer mit überaus charmanten Hauptdarstellern, viel Tempo, intelligenten Texten, hupenden Autos und beaucoup d’amour ...
Von Basel kannte ich lediglich den Flughafen. Steffy
Als Stephanie Boehm auf Daniel Menzel trifft, besteht ihr Leben über weite Teile aus Reisen. Im französischen Strasbourg aufgewachsen, hat die studierte Ökonomin in der Modebranche Fuss gefasst und bald in Lyon, Paris, Besançon und Lille gearbeitet und teilweise auch gewohnt. «Von Basel kannte ich lediglich den Flughafen», gibt sie lachend zu, «bis ich mich in einen Basler verliebte und mit Mitte dreissig hierhin zog.» Fortan reist sie von Basel aus, beruflich oft nach Deutschland, privat gerne nach Asien, wo ihre Wurzeln liegen – ihre Mutter ist halb Chinesin, halb Laotin, ihr leiblicher Vater Thailänder. Bereits als Baby kommt Stephanie nach Frankreich, ihr «richtiger» Vater sei für sie daher ihr Stiefvater, je zur Hälfte Franzose und Deutscher. «Ich lebe in einer grossen, kulturellen Vielfalt», schmunzelt sie, «das ist ein Geschenk. Meine Eltern haben sogar unterschiedliche Religionen. Aber weil sie immer offen waren, kenne ich Tempel wie auch Kirche. Ich fühle ich mich in Bangkok zu Hause, obwohl ich da nie gewohnt habe.»
Bangkok spielt in dieser Geschichte eine wichtige Rolle. Aber zuerst muss Steffy Daniel überhaupt erst kennenlernen und das tut sie im November 2019 in Berlin, wo sie sich aus beruflichen Gründen für einige Tage aufhält. Daniel serviert ihr einen Kaffee und Steffy hört, wie ein Arbeitskollege zu ihm sagt: «Bald hast du’s geschafft und kannst nach Asien…». Sie wird hellhörig. Asien? Sie spricht ihn an. «Ich, die normalerweise niemals einen Fremden ansprechen würde …!», lacht sie. Die beiden finden heraus, dass sie am selben Tag im Februar 2020 einen Flug nach Bangkok gebucht haben. Steffy ab Zürich, um in Vietnam zu surfen, Daniel ab Berlin, um mit einem Freund durch Myanmar zu reisen. «Dass wir am selben Tag nach Bangkok fliegen würden, war ein lustiger Zufall» so Daniel, «aber ich habe nie daran gedacht, dass daraus mehr werden könnte.» Stephanie kommt während ihrem Aufenthalt in Berlin nun öfter zu Daniel ins Kaffee, die beiden freunden sich an und verabreden sich schliesslich, den Urlaubsbeginn in Asien gemeinsam zu begiessen.
Es lag etwas in der Luft, aber wir wussten nicht so genau, wie alles weitergeht. Daniel
Und tatsächlich treffen sie sich Wochen später in Thailands Hauptstadt wieder. «Steffy holte mich mit dem Tuktuk beim Hotel ab», erinnert sich Daniel. «Es war warm, aufregend, der Urlaub lag vor uns, das Adrenalin kochte …» Irgendwann kommt es zum ersten Kuss. Um drei Uhr morgens treibt sie der Jetlag zurück ins Hotel. Bevor ihre Reise in unterschiedliche Richtungen weitergeht, ziehen Stephanie und Daniel noch vier Tage durch Bangkok. «Es war ein toller Urlaubsbeginn. Es lag etwas in der Luft, aber wir wussten nicht so genau, wie alles weitergeht», erzählt Daniel.
Rosarote Wolken liegt in diesem Winter 2020 in der Luft. Und ein Virus, das sich rasend schnell über die ganze Welt ausbreitet. Steffi kommt nach drei Wochen von Asien nach Hause, Daniel nach einem Monat. In der Zwischenzeit telefonieren sie täglich und es ist klar, dass sie sich wiedersehen werden. In den Wirren des ersten Lockdowns treffen sie sich schliesslich mal in Berlin, mal in Basel, oft nur virtuell. «Ich habe sehr viel gearbeitet zu der Zeit und nebenbei noch den Laden geführt. Das war mir alles zu viel, ich wollte unsere Liebe nicht gefährden und wäre bereit gewesen, den Laden aufzugeben, woanders neu anzufangen», so Steffy. Doch genau dieser Laden hatte es Daniel angetan. «Ich habe 20 Jahre Erfahrung in der Gastronomie, kenne vom einfachen Kaffee bis zur Sterne-Küche alles», erzählt er. «ich wollte immer etwas Eigenes haben und konnte mir das an diesem Ort hier plötzlich vorstellen. Obwohl ich von Basel bislang nur den Fussballclub kannte.» Im Herbst 2020, ein halbes Jahr nach der Asienreise, zieht Daniel vom grossen Berlin in die kleine Stadt am Rhein und beginnt, seinen Traum vom eigenen Gastrokonzept umzusetzen.
Wir verfolgen keine Trends, sind dafür mit Herz und Seele bei der Sache. Steffy
Im September 2021 wird Dan’s Lab eröffnet. Erst nur als Take Away. Aber von Anfang an mit Erfolg. Es sind wider Erwarten nicht die Leute vom Spital, die ihm die Bude einrennen, sondern die Architekten aus dem Quartier. «Sie finden das Konzept cool», weiss Steffy. «Dabei hatten wir keine besonders ausgefallene Konzeptidee, wir machen halt einfach, was wir können und haben unsere Leidenschaften zusammengeführt», sagt sie und zuckt mit den Schultern. Es ist der französische, leicht chaotische aber unglaublich warmherzige Charme, den dieser Conceptstore ausmacht. Auf der einen Seite gibt es die bildhübschen und unfassbar leckeren Kreationen von Daniel; Sandwiches, Tartes und Kuchen. Auf der anderen Seite Steffys unkonventionelle Kleidungsstücke, Schmuck, Taschen und Bücher – ein herrliches Drunter und Drüber ist das und in dieser Form nirgendwo sonst in Basel zu finden. Hinzu kommt neuerdings noch Kunst; eine Leidenschaft Daniels. Steffy bringt es auf den Punkt: «Wir verkaufen nur, was wir selber essen oder tragen würden. Dabei denken wir nicht sehr kommerziell, verfolgen keine Trends, sind dafür mit Herz und Seele bei der Sache. Das mag man – oder eben nicht.»
Im Februar 2022, zwei Jahre nach dem ersten Kuss, reisen die beiden erneut nach Bangkok. Am letzten Urlaubstag fragt Daniel Steffy vor einem Tempel, ob sie ihn heiraten will. Sie will. Die Hochzeit findet 2023 statt. Nicht in Basel, nicht in Berlin, nicht in Strasbourg, nein, in einem Weinschloss in der Dordogne. Und danach? Steffy hofft, bald wieder mehr Zeit für ihr Hauslabel «Antoinette» zu haben. Sie brennt dafür, eigene Kollektionen zu entwerfen. Daniel geniesst derweil die beste Zeit seines Lebens. «Ich bin superglücklich. Es ist zwar viel Arbeit, aber mit enormem Spass verbunden.» Das Funkeln in den Augen der beiden verrät zuverlässig, dass da noch einige weitere Ideen in den Hinterköpfen stecken. Wir werden von ihnen hören.