Raphael Gsponer ist seit 20 Jahren leidenschaftlicher Goldschmied. Eine Kundin weckte bei ihm den Tüftlerinstinkt, dem er mit vielen Lehrstunden nachgab. Nun fertigt er – durch und durch von Hand – hochwertige Schreibgeräte und begibt sich damit auf eine spannende Reise, deren Ziel noch nicht bekannt ist.

Die Maschine steht etwas unscheinbar in der Ecke des Ateliers an der Spalenvorstadt. «Rundknetmaschine» nennt sich das Gerät des Herstellers Heinrich Müller aus den 1970er-Jahren, das Raphael Gsponer für viel Geld in Pforzheim erworben hat und das eine unabdingbare Voraussetzung ist für eine spezielle Leidenschaft, die er als gelernter Goldschmied in den vergangenen Jahren entwickelt hat: hochwertige Schreibgeräte von A bis Z von Hand zu fertigen.

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Es brauchte viel Energie, Geduld und finanzielle Ressourcen, um sich in Richtung Ziel zu bewegen. Und noch immer macht die Produktion von Schreibgeräten und dem Label «Fellowpens» nur einen kleinen prozentualen Anteil an seinem Geschäft aus, das als Schmuck-Goldschmiede unter dem Titel «Fellowjewels» in den vergangenen Jahren schnell gewachsen ist.

Vom Büro an den Werktisch

Gsponers Weg in das Goldschmiedehandwerk erfolgte erst im zweiten Anlauf. Nach der Handelsmittelschule erlangte er die kaufmännische Berufsmatur, merkte aber schnell, dass Büroarbeit nicht das ist, was ihn reizt. Ein Kurs weckte seine Begeisterung für das Goldschmiedehandwerk. Bei der bekannten Goldschmiede Zinstag absolvierte er die Berufslehre und stieg später zum Atelierleiter auf, bildete auch Lehrlinge aus. Nach 15 Jahren wagte er den Schritt in die Selbstständigkeit und eröffnete vor rund zweieinhalb Jahren in der Markthalle sein eigenes Atelier und Verkaufsgeschäft.

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Ende August dieses Jahres erfolgte der Umzug an die Spalenvorstadt 3, der Laden wurde grosszügiger und noch stylischer, das Team ist gewachsen. Mit Lisa Sollfrank (seit August 2020) und Anna Wirz (seit Oktober 2021) wurden zwei weitere Goldschmiedinnen einge- stellt, Noemi Szalay ist fast seit Anfang an für Kommunikation, Administration und Messen dabei, Gsponers Frau Angela kümmert sich um das Backoffice. «Es läuft gut», sagt Gsponer nicht ohne Stolz, denn Basel verfügt über eine eindrückliche Dichte an guten Goldschmiede- geschäften.

Umfassende Analyse

Auf die Idee mit den Schreibgeräten, die er mit Goldschmiedetechniken zu einzigartigen Stücken verarbeitet, kam er durch eine Kundin, die Sammlerin ist. Er vergleicht dieses Segment mit Sammlerinnen und Sammlern von exklusiven Uhren. Hochwertige, einzigartige und ästhetische Schreibgeräte können attraktive Preise erzielen, je nach individuellen Wünschen. «Der Horizont ist hier nach oben offen», sagt Gsponer.

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Im Rahmen seines Masterstudiums in Business Administration wollte er vertieften Einblick in die Marktsituation gewinnen. Er stellte rasch fest, dass die grösseren und bekannten Player wie Mont Blanc oder Caran d’Ache ausschliesslich industriell produzieren, selbst bei limitierten Modellen. Ein Werkbesuch in Deutschland, der ihn an moderne Produktionsstrassen mit voll automatisierten Prozessen führte, zerlegte die eine oder andere Illusion Gsponers. Und entfaltete die Idee, einen Stift ausschliesslich mit traditionellen Goldschmiedetechniken herzustellen.

Wer in diesem Markt Wert auf Handwerk legt, lässt sich auf eine grosse Challenge ein und ist ein Stück weit ein Exot. Es gibt einen Anbieter in Bern, der sich jedoch vornehmlich auf den traditionell-japanischen Stil konzentriert. Und es gibt einen Engländer, der handgefertigte Schreibgeräte anbietet, «allerdings nicht ganz so konsequent, wie ich das tue», sagt Gsponer. Er selbst hat seine Techniken in diesem Nischenmarkt in den letzten Jahren perfektioniert («es hat mich reingezogen und ich habe viel getüftelt»), er schaffte weitere robuste Maschinen, vielfach aus der Uhrenmechanik, an, drehte Hülsen, bis alles stimmte, und gelangte dabei auch zur Erkenntnis, dass er sich auf «High-End»-Produkte konzentrieren muss. «Es gab kein Lehrbuch, ich musste mir vieles selbst beibringen und erarbeiten – und ich habe viele Lehrstunden verbracht.»

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Interesse aus Zug

Zu Beginn hatte er Drehkugelschreiber aus Silber, teilweise unter 1000 Franken, im Angebot. Nun konzentriert er sich auf Schreibgeräte aus Gold. Mittlerweile fertigt er auch Füllfederhalter aus Rotgold – besetzt mit Diamanten. Inspirieren lässt er sich bei den handgravierten, einzigartigen Mustern auf den Stiften oft von Naturmotiven. Und bei der Besetzung mit Edelsteinen lebt er – auch in der Beschaffung – ebenfalls viel Individualität vor. «Ich verwende nichts von der Stange», sagt er.

In der Regel fertigt Gsponer Einzelstücke auf Bestellung. Drei bis vier Tage Arbeit verbringt er mit einem einzelnen Schreibgerät. Mit dem Verkaufsgeschäft «Style of Zug» von Samuel Naldi hat er in der Zwischenzeit einen Partnerbetrieb gefunden, der ähnlich denkt und auf exklusive, individuelle Schreibgeräte setzt. «Ich glaube daran, dass es einen Markt für einzigartige Schreibgeräte gibt.» Vielleicht wird aus dem Nischenprodukt dereinst eine Basler Erfolgsgeschichte.

Text: Daniel Schaub

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