Das Kunstmuseum Basel ist das ganze Jahr einen Besuch wert. Doch während dem Sommer hat es gleich noch viel mehr zu bieten. Da lockt der grosszügige, sommerliche Innenhof mit Bistro, da ladet die Konzertreihe YARD unter freiem Himmel dazu ein, nach dem Museumsbesuch noch etwas länger zu verweilen. Den Rahmen und eigentlicher Publikumsmagnet bildet dabei die aktuelle Ausstellung «Shirley Jaffe – Form als Experiment», welche noch bis zum 30. Juli im Kunstmuseum Basel zu sehen ist.
Aussergewöhnliche Künstlerin mit aussergewöhnlichem Stil
113 Werke bilden die Retrospektive der amerikanischen Künstlerin Shirley Jaffe (1923–2016). Sie zeigen ihre Anfänge im abstrakten Expressionismus sowie ihre grossformatigen geometrischen Gemälde, die für ihr Spätwerk charakteristisch sind. Dazwischen wird den Besuchenden die spannende Geschichte der aussergewöhnlichen Künstlerin erzählt, die in New Jersey geboren wurde, in New York an der Cooper Union Kunst studierte und sich in den 1950er Jahren in Paris niederliess. Obwohl die Ehe mit dem Journalisten Irving Jaffe nicht halten sollte, blieb Shirley Jaffe in der französischen Hauptstadt – und verkehrte fortan mit weiteren amerikanischen Künstlerinnen und Künstlern, welche nach dem Zweiten Weltkrieg in Paris eine neue Heimat und Inspiration fanden. Dazu gehören Al Held, Norman Bluhm, Kimber Smith, Sam Francis, Joan Mitchell sowie der Kanadier Jean-Paul Riopelle.
In Paris sollte Shirley Jaffe dann auch ihre ganz eigene Formsprache entwickeln. Der vom Kunstmuseum Basel gewählte Ausstellungstitel zu Shirley Jaffes Retrospektive «Form als Experiment» spricht ebendiese aussergewöhnliche Formsprache an, woran man sich als Museumsbesucherin oder -besucher nicht satt sehen kann. Von Shirley Jaffes Kunstwerken, welche dem abstrakten Expressionismus zuzuordnen sind, geht eine starke Sogwirkung und Faszination aus – eine Faszination für das Nicht-Fassbare in Kombination mit wilden Farbverläufen und Formen.
©Atelier von Shirley Jaffe, Paris 2008
Die 113 Werke zeigen die eindrückliche Karriere vom Shirley Jaffe auf und die künstlerische Entwicklung, welche sie dabei durchmachte. Ab den 1960er Jahren wandte sie sich von ihren Anfängen als abstrakte Expressionistin ab und führte einfache, deutlich erkennbare Formen in ihre Gemälde ein, deren Geometrie sie eine umso kräftiger anmutende Gestik entgegensetzte. Das Kunstwerk «Big Square» (1965) mit seinen leuchtenden Farben gilt dabei als eines der bekanntesten Gemälde. Ab 1968 erfolgte ein noch radikalerer Wechsel – Shirley Jaffe verzichtete fortan auf jegliche Gestik und nutzte stattdessen eine klare Geometrie und matte Farbtöne.
Shirley Jaffe «Big Square», um 1965. Öl auf Leinwand, 204 x 190 cm. ©Kunstmuseum Basel, 2023, ProLitteris, Zurich. Foto: Jonas Hänggi
Vorbild einer neuen Generation
Mit jedem Pinselstrich weg vom abstrakten Expressionismus wuchs Shirley Jaffe als wie mehr zu einem Vorbild einer neuen, jungen Generation von Künstlerinnen und Künstlern heran, welche sich ebenfalls auf neue Wege begab und neuen künstlerischen Ausdrucksformen zuwandte. In Shirley Jaffes Fall war dies ein neuer persönlicher Stil mit markanten Konturen und eine Schaffensperiode, welche geprägt war von freien Formen, die aus der klassischen Geometrie abgeleitet sind und jeweils eigene Farbflächen bilden.
Die Ausstellung im Kunstmuseum Basel ist nicht nur aufgrund der schönen Kunstwerke von Shirley Jaffe ein Highlight des diesjährigen Basler Kunst- und Kultursommers, sondern auch aufgrund der ausstellungsergänzenden Ateliernotizen der Künstlerin, welche die Entstehung ihrer Werke festhielt und den Museumsbesuchenden auf diese Weise einen spannenden Blick hinter ihr Lebenswerk gewährt. Hinzu kommt eine Audio-Installation, welche Erinnerungen und Kommentare aus Shirley Jaffes Freundeskreis umfasst und zum Verständnis ihrer aussergewöhnlichen Kunst und bedeutenden Person beiträgt.
Shirley Jaffe – Form als Experiment
Kunstmuseum Basel
25. März 2023 bis 30. Juli 2023
Entdecke auch das Rahmenprogramm mit zahlreichen, mehrsprachigen Führungen.
Das Kunstmuseum Basel besteht aus drei Häusern: Dem Hauptbau, der hauptsächlich die Sammlung bis zur Klassischen Moderne beherbergt, dem Neubau, in dem die grossen Sonderausstellungen ihren Platz haben, und dem Gegenwart, dem Ausstellungshaus für Gegenwartskunst.