Kann ein Anzug cool sein? Lange Zeit dachte ich: Ne, nur bieder, nur muffig, nur provinziell. Unterdessen habe ich meine Meinung geändert. Das liegt auch an Johnny, Jonathan Göhler, der mit seinen 31 Jahren die Herren dieser Stadt mit massgeschneiderter Mode zu stilsicheren Dandys macht. Fast würde ich sagen: Die Basler waren nie besser gekleidet unterwegs! Aber da es natürlich immer Luft nach oben gibt, ist es Zeit, euch Johnnys «Faade» vorzustellen.
Das Ganze ist ein überaus intensiver und auch intimer Prozess mit dem Kunden.
Seine Liebe für Mode hat Johnny während seiner Ausbildung zum Detailhandelsfachmann entdeckt. Von Charles Vögele über PKZ bis hin zu Bogner hat er Männer mit Anzügen bedient. Was ihm immer fehlte: Die Zeit, um seine Kunden in vollem Ausmass zu beraten. Mitten in der Corona-Hochphase hat er dann seine Ersparnisse investiert und sein eigenes Unternehmen gegründet, die «Faade GmbH». An der St. Alban Vorstadt hat er im Mai 2024 sein erstes öffentlich sichtbares Atelier bezogen.
Hier empfängt er Kunden auf Termin, vermisst und berät sie in Stil- und Modefragen. Rund 2500 Stoffe aus Italien hat er zur Auswahl, zudem zahlreiche Designoptionen, die man vor Ort betrachten und anfassen kann. «Das Ganze ist ein überaus intensiver und auch intimer Prozess mit dem Kunden, der meistens auch viel Zeit in Anspruch nimmt», so Johnny. «Für einen Hochzeitsanzug sind die Kunden in der Regel drei bis fünf Stunden bei mir im Atelier.» Die Zeit, die er im Detailhandel nie hatte – hier kann er sie sich nehmen.
Bei mir läuft alles über Termine. Nur so kann ich gewährleisten, dass ich für den einzelnen Kunden genug Zeit habe.
Nach der Vermessung wird jeder Anzug individuell angefertigt. Hemden und Anzüge in einer Manufaktur in Marokko, die Schuhe in Italien. Sechs Wochen später ist der massgeschneiderte Anzug zur Anprobe bereit. Viele Faade-Kunden kommen für ihren ersten Massanzug vor der Hochzeit vorbei. Meist im Frühling. «Da bin ich jeweils über eineinhalb bis zwei Monate ausgebucht, arbeite täglich weit über 10 Stunden», erzählt Johnny lachend. Und ausgerechnet jetzt, im Frühling, hat er auch noch sein Atelier eröffnet.
Aber Johnny ist entspannt. Derzeit verbringt er mehr Zeit in der St. Alban Vorstadt als zu Hause. «Neulich hab ich mir am Samstagabend sogar eine Pizza bestellt und hier auf dem Sofa einen Fussballmach geguckt», grinst er. Dennoch; offizielle Öffnungszeiten hat der Faade nicht. «Bei mir läuft alles über Termine. Nur so kann ich gewährleisten, dass ich für den einzelnen Kunden genug Zeit habe.» Die Stunden, die Johnny ins Kennenlernen und die Beratung seiner Kunden investiert, macht sich im Faade-Look bemerkbar. Der hat nämlich rein gar nix mit verstaubten Altherren-Anzügen im Donald Trump-Style zu tun.
Und da sind wir auch schon beim Begriff: «Faade» nennt man auf Baseldeutsch nämlich nicht nur einen Faden zum Nähen. Früher sagte man über Herren mit Stil und Charakter: De het e guete Faade. Und genauso sehen die Männer aus, die sich von Johnny einkleiden lassen. Man möchte mit ihnen einen Negroni trinken, die Nacht durchtanzen, Pferde stehlen und über Gott und die Welt parlieren. Darum: Auf zum Faade, liebe Herren, ein paar Stunden mit Johnny werden euch ausserordentlich gut zu Gesicht stehen!
Johnny, sag mal ...
... ist so ein Massanzug nicht irre teuer?
Ein Massanzug setzt da an, wo der teure Anzug ab Stange in der Regel endet; bei 990 Franken. Und ja, natürlich kann man – je nach Stoff – auch in andere Sphären eindringen. Aber ich gehe natürlich aufs Budget der Kunden ein. Allenfalls ist halt die Stoffauswahl etwas kleiner.
... wie bist du zu deinem Look gekommen?
Stilistisch habe ich mich in den letzten zehn Jahren stark verändert; von den Skinny Jeans hin zum Anzug, den ich in meiner Zeit bei PKZ für mich entdeckt habe. Ich habe sehr viel ausprobiert und es hat vermutlich sehr oft nicht gut ausgesehen. Aber das gehört halt dazu, das macht Mode ja auch aus.
... trägst du auch mal Jeans?
Klar. Es gibt allerdings Leute, die kennen mich nur im Anzug und die staunen dann, wenn sie mich am Samstagabend in Jeans in der Stadt antreffen. Aber das eine lebt vom anderen; ich trage sehr gerne Anzug, freu mich aber auch, wenn ich am Wochenende etwas entspannter unterwegs sein kann.
... wo bist du denn in der Freizeit so unterwegs?
Ich gehe gerne esse, geniesse die Stadt, bin draussen, lasse mich treiben. Ich mag das Kleinbasel sehr, bin gerne in der Herz Bar, an der Feldbergstrasse, in der Kaserne und am Rhein.