Er rappt, singt, tanzt, macht Filme und konzipiert Projekte: William Bejedi ist definitiv mehr als «bloss» der Frontsänger der Erflogsband Klischée. Im Interview erzählt er uns, weshalb er sich trotzdem nicht als Musiker bezeichnen würde.

Er selbst bezeichnet sich nicht als Musiker. Ich meine: Er ist mehr als das. Wenn William Bejedi nicht gerade als Frontsänger der ElectroSwing Band Klischée weltweite Bühnen rockt, betreut der Choreograf, Erzähler, Filmregisseur, Rapper, Schauspieler und Tänzer neben seinen zwei kleinen Töchtern gleich noch ein drittes Baby: Gemeinsam mit seiner Lebenspartnerin, Brigitte Fässler, hat er das Tanzprojekt Cubique initiiert – ein Verein, der sozial relevante Themen tänzerisch behandelt.

Der in Basel wohnhafte Walliser ist der geborene Allrounder. Und egal, was er tut: Er tut es mit enorm viel Leidenschaft.

In unserer «Tat oder Wahrheit»-Serie stellt sich Willy neben unseren Fragen auch einer ganz persönlichen von Zarek Silberschmidt.

Welchen Song assoziierst du mit deiner Kindheit?

Parliament Funkadelic - Give Up The Funk

Welche 3 Worte umschreiben deine Musik?

Freude, Energie, Verspieltheit

Deine zuletzt vergossenen Tränen?

Männer weinen doch nicht! Oder sie verdrängen es. Das letzte Mal, an das ich mich jedoch erinnern kann, war in Laax, als das Publikum für mich «Happy Birthday» gesungen hat. Das kam überraschend und hat mich zu Tränen gerührt.

Wieso bist du Musiker geworden?

Ich bezeichne mich nicht unbedingt als Musiker. Ich mache gerne Musik, und hatte das Glück, dass ich dies durch verschiedene Projekte und Kollaborationen teilweise professionell machen durfte und noch immer darf. Ein Musiker lebt für die Musik. Ich aber habe verschiedene Interessen. Die Musik ist eines davon. Sie hat mich schon immer begeistert! Mein Vater war DJ, wir konnten ihm zuhause beim Auflegen zuschauen und durften mit auf seine Gigs. Er war es wohl auch, der mir diese Begeisterung vererbt hat. Musik war für mich schon immer die Welt, in der ich ausbrechen und loslassen kann.

Deine grösste Inspiration?

Mein Vater

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Mit wem würdest du gerne mal zusammenarbeiten?

Richard Bona – ein kamerunischer Jazz-Bassist, Gitarrist und Sänger.

Was wolltest du deinen Fans schon immer mal sagen?

Fans? Was ist das?

Dein verrücktestes Groupie-Erlebnis?

Groupies haben wir, beziehungsweise ich nicht. Es gibt da aber eine Person, die uns besonders oft an Konzerten besuchen kommt. Das ist verrückt: Du spielst an irgendeinem abgelegenen Ort in der Schweiz, denkst dir nichts dabei und tadaaaa, da steht sie in der ersten Reihe und lächelt uns an. Das ist unfassbar und immer wieder überraschend!

Was singst du unter der Dusche?

«Play That Funky Music» von Wild Cherry

Welche deiner Charaktereigenschaften würdest du gerne spülen?

Meine Launen sind sehr von der Aussenwelt geprägt. Entsprechend können sie sich sehr schnell verändern. Oft sind es äussere Faktoren, die dafür verantwortlich sind. Und das versuche ich aktuell grad zu ändern.

Dein bisher geilstes Konzert?

Phuuu, das ist so schwierig zu beantworten. Das «Ants on the way»-Festival in China war unglaublich! 3000 Personen, die deine Musik noch nie gehört haben, jedoch ab Sekunde eins voll abgehen. Das war einfach unbeschreiblich! Unser Konzert mit Klischée auf dem Floss in Basel letztes Jahr war sicher auch ein Highlight. Die Stimmung, der Zeitpunkt, die Maskenpflicht, das Wetter, das erste Mal, dass meine zwei Töchter an einem Konzert von mir dabei waren – und mir somit einen heimlichen Wunsch erfüllt haben! Es war eine magische Nacht und ein sehr cooles Konzert!

Wie wird dein nächstes Konzert?

Es wird sich wie eine Revanche anfühlen. Ich denke, dass sowohl wir als Band als auch das Publikum richtig Bock haben wird auf Live Musik.

Dein Rezept für den Umgang mit der Covid-Krise?

Ich suche nach wie vor nach dem richtigen Rezept.

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Worauf freust du dich «nach Covid» am meisten?

Aktuell kann ich mir ein «nach Covid» nur schwer vorstellen. Ich versuche, mich nicht zu sehr in die Zukunft zu projizieren und konzentriere mich so gut es geht auf das Hier und Jetzt.

Vorteile vom Internet in der Musikindustrie?

Deine Musik ist für jeden und jede, überall auf der Welt, zu jeder Zeit verfügbar. Es gibt fast keine Grenzen mehr.

Nachteile?

Es ist schwierig, in diesem Meer an Musik auf sich aufmerksam zu machen oder sein Publikum direkt erreichen zu können.

Dein eigener Lieblingssong?

«Mais Non (1920 Version)» – in diesem Song reflektiere ich nicht nur meine Erziehung, sondern überdenke ich auch die Erziehung, die ich meinen Töchtern mit auf den Weg geben möchte. In der Originalversion ist die Grundstimmung eher ernst. Live haben wir den Song allerdings auch schon etwas swingiger gespielt. Das hat perfekt gepasst! Es hat mir auch gezeigt, dass Erziehung Spass machen kann und ich genau so viel von meinen Kindern lernen kann, wie sie von mir. Darum geht es schlussendlich auch im Song – und das ist was Freudiges!

Dein abgefahrenstes Erlebnis als Musiker?

Das war während unserem Konzert in Peking: Da stand jemand mit einem Block und einem Stift in der Hand vor der Bühne, schaute mich immer wieder sehr ernst an und brachte dauernd was auf Papier. Ich dachte, das sei irgendein Beamter. Beim Song Bella Ciao stand er dann plötzlich hinter uns auf einer Galerie, immer noch mit diesem Block und Stift in der Hand! Das war mir mega unangenehm; für ein paar Sekunden brachte es mich sogar aus dem Konzept. Zum Glück konnte ich ihn dann aber wieder ausblenden. Am Ende des Konzerts bin ich dann auf den Clubbesitzer zugegangen, weil ich befürchtete, dass dieser Ärger bekommen könnte – auch wenn es keinen Grund dafür gab, schliesslich hatten wir uns an die Vorschriften gehalten. Der Clubbesitzer musste lauthals lachen und hat den Typen mit dem Block zu sich gerufen. Als ich auf das Papier blickte, sah ich Zeichnungen von uns auf der Bühne. Richtig gute und krasse Zeichnungen! Es war das Letzte, an das ich gedacht hätte. Irgendwie fiel mir ein Stein vom Herzen. Danach haben wir zu dritt minutenlang gelacht!

Der beste Ratschlag, den du bisher gekriegt hast?

Ein zu grosses Ego kann zum Hindernis werden.

Die Basler Musiklandschaft kurz beschrieben?

Vielseitig und extrem talentiert.

Was würdest du gerne ändern in der Musikindustrie?

Vertragswesen und Entlöhnung. Ich hoffe, dass die Blockchain Vieles ändern wird und die Musiker in Zukunft mehr Rechte und Erträge auf und von ihrer Musik haben werden.

Und was wünschst du dir von der Musikszene in Basel?

Dass sie so vielseitig und offen bleibt, wie sie ist.

In welchem Moment bitte lieber keine Musik?

Kurz vor dem Schlafengehen.

Worauf bist du besonders stolz?

Drei Mal am Montreux Jazz gespielt zu haben.

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Was macht dich glücklich?

Meine Familie

Welche Frage fehlt hier?

Ich fand das Interview sehr komplett. Oft bekommt man dieselben langweiligen Fragen gestellt. Ich freue mich immer darüber, wenn dem nicht so ist.

Als nächstes Tat oder Wahrheit spielen darf: Johny Holiday, DJ, Produzent und Teil der Hip-Hop Crew Brandhärd.

 

TAT ODER WAHRHEIT?

In Basel wimmelt es von (versteckten) Musiktalenten. Die Serie «Play With Me» lässt dich die unterschiedlichsten Kunstschaffenden unserer Stadt kennenlernen – Hörproben inklusive – und stellt sie jeweils vor eine grosse Frage: Tat oder Wahrheit? Der oder die Porträtierte entscheidet, wer als nächstes mit welcher Challenge an der Reihe ist.