Das Archiv von Knoell Rahmen im geschichtsträchtigen Basler Erasmushaus an der Bäumleingasse könnte aus einem Indiana Jones-Film stammen. Das Kellergewölbe ist dunkel und etwas unheimlich, überall stehen wertvolle, historische Artefakte rum und die Zeit scheint im letzten Jahrhundert stehen geblieben zu sein. Tatsächlich kann das Basler Unternehmen schon auf vier Generationen Familiengeschichte zurückblicken und hat sich über all die Zeit einen Namen im Sammeln, Restaurieren, Vermitteln und Verkaufen von historischen Bilderrahmen von der Renaissance bis zur Moderne gemacht.
AN DEN GRENZEN DER WAHRNEHMUNG
Robert Knöll leitet heute das Unternehmen, das sein Vater Thomas Knöll in den 1980er-Jahren gegründet hatte, welches wiederum auf dem Vergolder-Handwerk seines Vaters und Grossvaters aufbaut. «Im Gegensatz zu den drei vorangegangenen Generationen, habe ich zunächst einen akademischen Weg eingeschlagen. Ich habe Kunstgeschichte und Philosophie studiert und bin dann in den Betrieb meines Vaters reingerutscht», erzählt Robert, während er uns durch die Werkstatt und das wertvolle Archiv begleitet, in dem gerade mal vier Personen Aufträge aus der ganzen Welt bearbeiten. «Ich merkte ziemlich schnell, was das für eine unglaublich wertvolle und seltene Nische ist, in der wir uns hier bewegen. Die überdies so fragil ist, dass man sich schon ordentlich anstrengen muss, dies für kommende Generationen zu bewahren. Vor 20 Jahren gab es noch eine ganze Handvoll vergleichbarer Experten antiker Rahmen in Paris, London und Berlin. Jedes Jahr wird unser Beruf inzwischen stetig seltener.»
«Der Rahmen steht zwar nie selbst im Rampenlicht, doch hat er die Kraft, unsere Wahrnehmung eines Kunstwerks in eine bestimmte Richtung zu lenken.»Robert Knöll
Würde uns Robert statt in Hemd und Anzug mit Lederjacke, Hut und Peitsche durch die beeindruckenden Räumlichkeiten von Knoell Rahmen führen, erinnerte er einen tatsächlich an Indiana Jones, der sich ebenfalls von einer unbändigen Wissbegier und dem Bewusstsein leiten liess, dass etwas Bedeutendes in der Geschichte der Menschheit verloren ginge, täte man nicht alles dafür, es bewahren zu wollen. «Jeder einzelne Bilderrahmen, den wir hier archivieren, erzählt eine eigene Geschichte. Ich sehe mich in der Verantwortung, diese Geschichte zu bewahren, damit sie auch für die kommenden Generationen erhalten bleibt», sagt Robert, zieht einen Bilderrahmen aus dem Regal und mustert diesen mit geschultem Blick.
Mit Geschichte meint er auch das handwerkliche Wissen über die Bilderrahmen, welches sich das Familienunter- nehmen über vier Generationen hinweg angeeignet hat und das nicht verloren gehen darf. «Wie sieht ein Stück Nussbaumholz etwa aus, das 400 Jahre alt ist? Wie sieht etwas aus, das nur 100 Jahre gealtert ist? Dieses Wissen ist für unsere kleine Branche unheimlich wertvoll und führt dazu, dass wir heute DIE Anlaufstelle für die bedeutendsten Museen und Sammler der Welt sind, wenn es um historische Bilderrahmen geht.»
«Jeder einzelne Bilderrahmen, den wir hier archivieren, erzählt eine eigene Geschichte.»Robert Knöll
DIE SUCHE NACH DEM PERFEKTEN BILDERRAHMEN
Plant ein Museum eine neue Ausstellung, zeigt es die Kunstwerke grundsätzlich immer im dazugehörigen Bilderrahmen. Ob es sich hierbei allerdings um den Originalrahmen handelt, welchen die Künstlerin oder der Künstler zur damaligen Zeit für das Werk ausgesucht hat, weiss das Museum übrigens in vielen Fällen nicht. Hin und wieder kommt es dann vor, dass sich ein Museum auf die Suche nach einem neuen Bilderrahmen macht. Wünscht sich die National Gallery London, die Pinakotheken in München, die Fondation Beyeler in Riehen oder das Kunstmuseum Basel beispielsweise einen wertvollen, venezianischen Renaissancerahmen für ein bedeutendes Kunstwerk, welches das Museum restauriert und demnächst in neuem Licht präsentiert, kommt Knoell Rahmen ins Spiel. Dessen Archiv an rund 5000 Bilderrahmen reicht bis ins 15. Jahrhundert zurück. Der Prozess von der Kontaktaufnahme bis zur Wahl des finalen Rahmens dauert nicht selten mehrere Monate. Bei der Suche nach dem perfekten Bilderrahmen spielt nämlich nicht nur die gewünschte Kunstepoche und das Aussehen eine Rolle, es sind insbesondere spezifische Abklärungen, die getroffen werden müssen: Abklärungen zu den klimatischen Bedingungen, denen das Werk sowie auch der neue Rahmen im Museum ausgesetzt ist, Abklärungen zur erforderten Ausgestaltung des Innenlebens des Rah- mens oder wie viel vom Bild durch den Rahmen womöglich verdeckt werden darf. «Dieser langwierige Prozess macht deutlich, welch hohe Bedeutung der Rahmung zuteilwird», betont Robert mit ansteckender Faszination: «Der Rahmen steht zwar nie selbst im Rampenlicht, doch hat er die Kraft, unsere Wahrnehmung eines Kunstwerks in eine bestimmte Richtung zu lenken.»
EIN INTIMER MOMENT
Die diskrete Arbeit mit den grossen Museen und Galerien der Welt geht mit einem ganz besonderen Privileg einher, welches Robert stets von Neuem erfüllt: So nah am Kunstwerk wie sonst keiner zu sein. Bei der Wahl eines Rahmens bekommt Robert das Kunstwerk in ungerahmtem, quasi nacktem Zustand zu sehen. Ein beinahe schon intimer Akt. «In diesem Moment des Ausrahmens siehst du das Werk, so wie es entstanden ist – so wie es die Künstlerin oder der Künstler erschaffen hat.» Dieses Berufsprivileg schafft es, seine Leidenschaft für die Kunst und sein Familienerbe, Knoell Rahmen, immer wieder von Neuem zu entfachen. Eine fragile Nische im Kunstmarkt, welche zwar stets im Schatten der Kunstwerke steht, diese jedoch massgeblich beeinflusst. Aus dem Schatten der Bilder den Rahmen herauszuhe- ben, das ist dabei Roberts zukünftiges Ziel: Momentan arbeitet er gerade an der Gründung eines unabhängigen Vereins, der die Geschichte der Rahmung von Kunstwerken historisch erforscht, archiviert und langfristig einem breiten Publikum zugänglich machen soll.
Knoell Rahmen
Bäumleingasse 18 (im Erasmushaus)
knoellrahmen.ch
Diese Story ist ursprünglich im LoveYourCity Magazin erschienen – dem Erlebnismagazin für Basel mit Tipps, Geschichten und Highlights aus der Stadt.
Die Ausgabe gibt’s auch online zum Durchblättern.
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