Vier Fähren, vier Perspektiven und ganz viel Baselgefühl. Die Fährifrauen und Fährimänner bringen dich sicher über den Rhein und halten dabei eine der schönsten Traditionen der Stadt lebendig mit Charme, Stolz und Herz.

Bitte keine Hektik!

Wer heute den Rhein überqueren will und es eilig hat, wird dafür kaum die vier Basler Fähren benutzen. Schneller gehts über die Brücke. Zu Fuss, per Tram, Bus oder Velo. Nein, wer heute mit der Fähre zwischen Kleinbasel und Grossbasel hin- und herschaukelt, macht das aus einer sehr bewussten Entscheidung heraus. Eine Entscheidung für die Entschleunigung, die Ruhe und den Ausbruch aus dem stressigen Alltag. Mit dem Schritt vom sicheren Fährensteg auf die den Launen des fliessenden Rheins ausgesetzte Fähre begibst du dich auf ein kleines Abenteuer. Eines, das zwar nur wenige Minuten andauert, aber die Stadt und ihre Geschichte auf beispiellose Weise spüren lässt. In dieser Stadtgeschichte nehmen auch die Fähren einen wichtigen Teil ein. Als sogenannte «fliegende Brücken» sollten sie einst dem Brückenmangel in Basel entgegenwirken. Denn lange war die Mittlere Brücke die einzige Brücke, um die Stadt überqueren zu können.

St. Johann-Fähre (Ueli) - Rémy Wirz

Was braucht es, um ein guter Fährimaa zu sein?

Rémy: Liebe. Denn ganz egal, was man macht: Wenn man etwas gut machen möchte, braucht es immer Liebe.

Wieso bist du am liebsten auf dieser Fähri und nicht auf einer anderen unterwegs?

Rémy: Es sind zwei tolle Quartiere mit tollen Menschen, die ich hier verbinde. Jeweils im Sommer findet oben auf der Dreirosenbrücke die traditionelle Wasserschlacht statt. 4056 gegen 4057 – das ist immer ein Spektakel.

Was war dein schönstes Erlebnis auf deiner Fähri?

Rémy: Anfang 80er-Jahre habe ich im tiefsten Winter eine alte Frau aus dem Rhein gerettet. Ich erinnere mich vor allem an diesen wachen Zustand in diesem Moment. Einerseits voller Energie und andererseits ganz ruhig und entspannt. Es war ein Gefühl, mit
dem ganzen Universum und überhaupt mit der ganzen Existenz verbunden zu sein – und genau zu wissen, was zu tun ist

Beende folgenden Satz: Der Blick von meiner Fähriauf Basel ist besonders schön, …

Rémy: … weil man nicht mitten in der Stadt ist und trotzdem ein wunderbares Stadtbild zu sehen kriegt. Abgesehen vom neuen Baloise-Hochhaus … liebe Stadtbildkommission!

Zu welcher Tageszeit bist du am liebsten auf der Fähri unterwegs?

Rémy: Ich bin gerne abends unterwegs, vor allem im Sommer.Ich mag das Nachtpublikum. Manchmal kommts dann auch zu kleinen, spontanen Konzerten auf der Fähri. Das macht einen Sommer-Abend auf der Fähri dann schon sehr besonders.

Klingental-Fähre (Vogel Gryff) - Urs Zimmerli

Wieso bist du am liebsten auf dieser Fähriund nicht auf einer anderen unterwegs?

Urs: Auf dieser Fähri war schon mein Vater der Fährimaa – deshalb ist es auch meine Traumfähri.

Was war dein schönstes Erlebnis auf deiner Fähri?

Urs: An der Fasnacht vor ein paar Jahren hat die Bajass-Clique den Morgestraich um 4 Uhr morgens bei mir auf der Fähri gepfiffen. Mitten auf dem Rhein. Das war Gänsehaut pur.

Beende folgenden Satz: Der Blick von meiner Fähri auf Basel ist besonders schön, …

Urs: … wenn am Morgen die Sonne aufgeht. Oder abends, wenn sie untergeht.

Welche Gedanken machst du dir über Basel, wenn du ganz alleine auf deiner Fähri unterwegs bist?

Urs: Wie schön doch Basel ist – und dass ich hier den schönsten Beruf habe.

Fliegende Brücken für den guten Zweck

Den Grundstein für die Tradition der Basler Fähren legte 1853 die Birsfelder Fähre auf der Höhe des Birskopfs. Nur ein Jahr später wurde 1854 mit der Harzgrabenfähre die erste städtische Fähre eingeweiht – am Standort der heutigen Wettsteinbrücke. Die Konzession dafür besass die Basler Künstlergesellschaft, eine Vereinigung von Künstlern und Kunstfreunden zur Förderung und Bekanntmachung der lokalen Kunstszene und ihren Arbeiten. Die hohe Nachfrage und die gute Rentabilität der Harzgrabenfähre bewegte die Basler Künstlergesellschaft dazu, eine zweite Fähre zu realisieren. So wurde 1862 zwischen dem Grossbasler Totentanz und der Kleinbasler Kaserne mit der Totentanz-Fähre – der heutigen Klingental-Fähre – die zweite «fliegende Brücke» Basels eingeweiht. Damit erreichte die Basler Künstlergesellschaft dann auch ihr Ziel, eine Institution für Ausstellungen und Zusammenkünfte der lokalen Kunstszene zu erschaffen und konnte mit dem erwirtschafteten Gewinn die Kunsthalle Basel realisieren.

Mit dem Bau der Harzgrabenbrücke 1877 – der heutigen Wettsteinbrücke – wurde die erste Basler Fähre, die Harzgrabenfähre, aber wieder eingelagert. Ein neuer Standort wurde gesucht und auf der Höhe des Basler Münsters gefunden – der heutigen Münster-Fähre. Mit der fortlaufenden Ausdehnung der Bevölkerung in die Quartiere wuchs der Wunsch nach weiteren Fähren, um die Quartiere beidseitiger Rheinufer miteinander zu verbinden. So kam 1894 die St. Alban-Fähre zwischen St. Alban und Schaffhauserrheinweg dazu und 1895 die Schlachthoffähre zwischen St. Johann und Klybeck – heute St. Johann-Fähre genannt.

Erst viel später sollten die Basler Fähren originelle Namen erhalten. Die Idee, die Fähren nach den Ehrenzeichen der Kleinbasler Ehrengesellschaften und dem Ueli zu taufen, überzeugte und so wurde 1944 im Rahmen eines langen Festzugs entlang dem Basler Rheinufer eine Fähre nach der anderen feierlich auf die Namen «Vogel Gryff», «Leu», «Wild Maa» und «Ueli» getauft. Unter diesen Namen sind sie auch heute eingefleischten Baslerinnen und Baslern bekannt.

St. Alban-Fähre (Wild Maa) - Rosi Tiefenthal & Hambbe Tschudi

Was braucht es, um ein guter Fährimaa/eine gute Fährifrau zu sein?

Rosi & Hambbe: Es braucht Verbundenheit mit der Stadt Basel, Freude am Kontakt und Umgang mit Menschen aus Basel, der Schweiz und der ganzen Welt. Zu guter Letzt braucht es Liebe zum Wasser – speziell zu unserem «Bach».

Was macht den Alltag als Fährimaa/Fährifrau spannend?

Rosi & Hambbe: Man weiss nie, was einem erwartet. Viele tolle Menschen, mit welchen man zum Teil auch spannende Geschichten austauschen kann. Aber natürlich auch die Elemente. Der Umgang mit den stets wechselnden Verhältnissen auf dem Rhein – vom Niederwasser bis zum Hochwasser und den damit verbundenenHerausforderungen.

Was war euer schönstes Erlebnis auf eurer Fähri?

Rosi & Hambbe: Unser erster gemeinsamer Tag als Pächter-Duo am 1. Januar 2021. Einerseits ist Rosi die erste Frau, welche eine Pacht von einer der vier Basler Fähren übernehmen durfte. Andererseits sind wir das erste Pächter-Duo, welches eine Fähre im Job-Sharing übernehmen konnte.

Weshalb sollte die Tradition der Fähri immer erhalten bleiben?

Rosi & Hambbe: Weil die Basler Fähren zur Geschichte unserer Stadt gehören und das Stadtbild bereichern. Zudem sind gerade heute die Basler Fähren «en vogue» – gleiten sie doch fast lautlos über den Rhein und erzeugen keinerlei CO2-Emissionen. Zudem ist eine Fahrt mit einer Fähre für viele Menschen ein Augenblick im Alltag, welcher ein Entspannen und ein Sich-gehen-lassen erlaubt.

Welche Gedanken macht ihr euch über Basel, wenn ihr ganz alleine auf eurer Fähri unterwegs seid?

Rosi & Hambbe: Das Privileg zu haben, in der schönsten Stadt, unserer Heimat, der schönsten Berufung nachgehen zu dürfen: Fährifrau respektive Fährimaa zu sein!

Münster-Fähre (Leu) - Sabine Matejicek

Was war dein schönstes Erlebnis auf deiner Fähri?

Sabine: Bei einer Beisetzung als stille Beobachterin so nahe dabei sein zu dürfen, ist jedes Mal ein berührender Moment für mich. Diese besondere Zeit der Verwandlung eines Menschen gehört zum Leben wie die Geburt – ein immerwährendes Gehen und Kommen, von der Quelle zur Mündung, von der Mündung zur Quelle. Der Rhein macht es uns unmissverständlich vor.

Weshalb sollte die Tradition der Fähri immer erhalten bleiben?

Sabine: Die Fährifahrt schenkt den Menschen eine kleine Auszeit. Fliessendes Wasser ist hautnah erlebbar, ein Begegnungspunkt und Ruhepol, mitten in der Stadt – in diesen bewegten Zeiten eine willkommene Gabe.

Beende folgenden Satz: Der Blick von meiner Fähri auf Basel ist besonders schön, …

Sabine: … wenn ein Schneesturm unterwegs ist.

Bitte keine schwimmenden Reklamen!

Rentabel sind die Basler Fähren nun schon lange nicht mehr. Mit dem Bau weiterer Rheinbrücken sowie den zunehmenden Möglichkeiten der Mobilität kam es bald zu massiven Umsatz einbussen. So wurden die vier Fähren von der Basler Künstlergesellschaft erst an ihre aktuellen Pächter verkauft und gingen später in den Besitz einer Stiftung über. Denn als zu Beginn der 1970er-Jahre der Pächter der Klingental-Fähre seine Fähre aus Altersgründen verkaufen wollte und diese von einem internationalen Getränkekonzern übernommen werden sollte, drohte die Kommerzialisierung der Basler Fähren. Aus diesem Grund – und um die Fähren für die Allgemeinheit zu bewahren – wurde die heutige «Stiftung Basler Fähren» gegründet, die gemeinsam mit dem «Fähri-Verein Basel» dafür sorgt, dass genügend finanzielle Mittel aufgetrieben werden können, um den defizitären Fährbetrieb für weitere Generationen am Leben zu erhalten.

Diese Story ist ursprünglich im LoveYourCity Magazin erschienen – dem Erlebnismagazin für Basel mit Tipps, Geschichten und Highlights aus der Stadt.
Die Ausgabe gibt’s auch online zum Durchblättern. 👉 LoveYourCity Magazin Editionen 2022