Monsieur Mahler ist eine Erscheinung, wie man sie nicht mehr jeden Tag trifft. Akkurat ist das graumelierte Haar gekämmt, makellos sitzt die Livrée, der Blick ist wach und aufmerksam. Schon zur Begrüssung liegt der Charme in seinem Lächeln. Man merkt im ersten Moment (und danach immer und immer wieder): Dieser Mann ist Gastgeber durch und durch. Mit Vornamen heisst Monsieur Mahler Hervé, aber angesichts dieser würdevollen Person ist man geneigt, die Höflichkeitsform zu verwenden – aus Respekt gegenüber seiner freundlichen, stets zuvorkommenden Art, aber auch aus Respekt gegenüber der Tatsache, dass dieser Mann die Brasserie des Grand Hotel Les Trois Rois mit all ihrer Eleganz und ihrer Geschichte repräsentiert. Ja, Hervé Mahler verkörpert, was man in Basel als «Monsieur» bezeichnet.
Hervé Mahler ist aber nicht nur der Mann, der in der Brasserie den Betrieb orchestriert, er ist auch Maître d'Hotel der angesehensten Herberge am Rheinknie, dem historischen Grand Hotel Les Trois Rois am Blumenrain. Gemeinsam mit Chef de Cuisine Thomas Schaefer stellt er sicher, dass die Brasserie einer der hellsten Sterne am Gastrohimmel der Region bleibt.
In einschlägigen Kreisen ist es schon lange bekannt: Maître Mahler und Chef Schaefer sind der Inbegriff eines eingespielten Teams. Küche und Service greifen ineinander wie ein wohlkalibriertes Uhrwerk, ohne auch nur ansatzweise technisch zu wirken. Nichts lenkt von der sinnlichen und genussvollen Erfahrung ab, die einem diese eingespielte Brigade kredenzt. Schliesslich ist genau dies der Zauber, der grosser Handwerkskunst innewohnt. Absolute Präzision in der täglichen Arbeit? Selbstverständlich. Ein erstklassig informierter, topmoderner Service? Fraglos. Geniale Produzenten und dazu ein prononcierter regionaler Fokus? Geschenkt.
Beim Gespräch sitzen wir an einem Tisch am Entrée zur Brasserie, das Mittagsgeschäft hat noch nicht ganz begonnen. Während der ersten pandemiebedingten Schliessung wurde hier die Zeit genutzt, dem Raum ein neues Gesicht mit neuer Farbe und Kunst – wohlgemerkt aus dem Chez Donati – zu verleihen. Die petrolblauen Wände strahlen eine wunderbare Ruhe aus, während weiches Tageslicht von der grossen Fensterfront auf den Rhein hin den Raum flutet. Wie die Kunden reagierten? «Begeistert!», sagt der Maître. Die Werke an den Wänden würden regelmässig zum Gesprächsthema an den Tischen, bei vielen Gästen habe die Kunst einen hohen Stellenwert und nicht wenige besuchen gerade deswegen die Brasserie so gerne. Die Neugestaltung durch die Besitzerfamilie Straumann nahm er auch als eine persönliche Wertschätzung wahr, als Ausdruck des Vertrauens, das ihm stets von den Direktoren entgegengebracht worden war – und wird.
«Qualität braucht Kontinuität. Der Gast - der Mensch! - steht im Zentrum, seine Bedürfnisse, sein Wohl kommen bei uns immer an erster Stelle.Hervé Mahler
16 Jahre ist Hervé Mahler nun am Stück für das Les Trois Rois tätig. Die Brasserie ist sein Baby, wie er selbst sagt: «Qualität braucht Kontinuität. Der Gast – der Mensch! – steht im Zentrum, seine Bedürfnisse, sein Wohl kommen bei uns immer an erster Stelle.» Das ist kein Klischee, das ist Hervé Mahlers Maxime. Das A und O sei eben, dass jeder Mensch individuell behandelt wird, man sich der Situation anpasse: «Hat ein Gast Probleme, kümmert man sich sofort darum.» Die Kundenbedürfnisse wirklich zu kennen und zu verstehen, das ist die hohe Kunst des Berufs. Hinzu kommt, dass Hervé Mahler das Leitmotiv des Grand Hotels auch selbst verkörpert: «Rich in history, young at heart.» Ursprünglich aus Strasbourg, führten ihn seine Stationen nach Südfrankreich, nach England, nach Deutschland und danach in die Schweiz. 1998 war er bereits zum ersten Mal während zwei Jahren im Grand Hotel Les Trois Rois tätig. Dann wechselte er fürs Erste nach Zürich. 2006 sollte schliesslich zum Schicksalsjahr werden. Das Grand Hotel Les Trois Rois fragte ihn, ob er für die Neueröffnung der Brasserie nach Basel zurückkehren wolle? Ja, aber er wollte eigentlich nur ein Jahr bleiben – der Rest ist Geschichte. Hervé Mahler verliebte sich in die Region, wurde hier ansässig, gründete eine Familie und ist mittlerweile selbst zu einer Institution geworden. Das wissen seine Stammgäste, das merken aber auch die neuen Gäste schnell, die genauso herzlich und aufmerksam willkommen geheissen werden wie langjährige Freunde und Familie der Brasserie.
Zurzeit gibt Hervé Mahler neben dem Gästewohl und der Sicherstellung der grossen Klasse dieser Lokalität noch etwas anderes zu denken. Die Pandemiemassnahmen waren auch hier deutlich zu spüren. Nun geht es darum, aufzubauen. Und weil ein Maître d'Hotel sich um weitaus mehr kümmert, als der Gast mitbekommt – und mitbekommen sollte –, macht auch dies einen nicht unwesentlichen Teil des Geschäfts von Hervé Mahler aus. Als Verantwortlicher für Personal und Ausbildung laufen beim Maître alle Fäden zusammen. «Die Lage ist in der Tat angespannt», sagt Hervé Mahler. «Gute Leute finden in der Gastronomie immer einen Job, immer. Die Szene ist bestens vernetzt. Aber man merkt schon, an Nachwuchs fehlts.» Deshalb wird zurzeit die Ausbildung grossgeschrieben. Es laufen bereits mehrere Kampagnen und einen wesentlichen Teil davon machen die Quereinsteiger aus. Besonders ambitionierte, motivierte Quereinsteiger sind ausgesprochen gefragt.
Natürlich fordert der Job als Gastgeber seine Opfer. Der Anspruch ist hoch, es geht darum, Beziehungen zu pflegen, Bedürfnisse zu erkennen, schnelle Entscheidungen zu treffen, den Betrieb und das Business zu kennen. Selbst Hervé Mahler begibt sich nach wie vor in die Zimmerstunde. Das heisst: Schon am Morgen bereit sein, um den Mittagsservice sicherzustellen, danach eine längere Pause – das ist die besagte Zimmerstunde –, um dann frisch in den Abendservice zu starten. Es sind manchmal lange, sehr lange Tage, aber es sind lohnende Tage. Wer sich in diesem Business behauptet, der hat das Zeug zum hervorragenden Gastgeber. Oder wie es Hervé Mahler sagt: «Viel investieren und dann nicht da sein, wenn es darauf ankommt, das geht natürlich nicht.» Dass sich die Investition lohnt, zeigt seine Karriere. Längst ist sein Wirkungsraum nicht mehr nur auf die Brasserie beschränkt, als Maître d’Hotel – einer höchst angesehenen Funktion – ist er beispielsweise auch für Events und Caterings zuständig.
Wer bei Hervé Mahler eine Ausbildung absolviert, ist bestens für die Welt der gehobenen Küchen gerüstet: «Wir formulieren immer Ziele und schaffen die nötigen Bedingungen, diese zu erreichen. Ein Ziel ist es zum Beispiel, dass auch wer ein Praktikum macht, nach sechs Monaten selbstständig eine Station bedienen kann.» Das ist nicht üblich und spricht für den Gedanken des Förderns und Forderns, der bei Hervé Mahler in allen Aspekten dominiert. Als Ausbildner wird er geschätzt und respektiert, die Belegschaft weiss, dass sie mit ihrem Maître einen umsichtigen Chef hat. Dass die Brasserie heute noch über Mitarbeiter verfügt, die bereits zwischen sechs und zehn Jahren im Betrieb arbeiten, ist in dieser schnelllebigen Branche insbesondere auch dem Maître zu verdanken. Die Szene weiss, wer bei Hervé Mahler in der Ausbildung war, der oder die kann was. Und wie der Maître bereits sagte: Wer etwas auf dem Kasten hat, der findet in dieser Szene immer einen Job. Immer.
In dieser Klasse der Gastronomie ist es auf allen Ebenen so und Hervé Mahler lebt es beispielhaft vor: Wenn man etwas aufbaut, dann muss man es auch pflegen. Man muss sich zwar am Zeitgeist ausrichten, natürlich, soll sich aber nie einfach der Mode hingeben, sondern muss seine eigene Sprache und seinen eigenen Stil entwickeln. Menschlich, fachlich, kulinarisch. So gelingt, was dem Team der Brasserie Les Trois Rois immer wieder aufs Neue gelingt: In einem Traditionslokal, das so reich an Geschichte wie kaum ein anderes ist, ein unablässig junges, ambitioniertes und kerngesundes Herz schlagen zu lassen.
Diese Story ist ursprünglich im LoveYourCity Magazin erschienen – dem Erlebnismagazin für Basel mit Tipps, Geschichten und Highlights aus der Stadt.
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