Little Chevy schüttelt sich den Petticoat zurecht. Dann lacht sie zu den Gästen im Publikum und greift zum Mikrofon. Die Basler Rockabilly-Sängerin, sonst von vier Männern ihrer Band begleitet, tritt an diesem Abend nur mit ihrem Gitarristen Markus Werner auf, «quasi mal was Neues», wie sie kurz darauf in der Begrüssung ins Publikum sagt. Das Lokal dieses Abends lädt zur Intimität ein: Little Chevy, die eigentlich Evelyne Péquignot heisst, tritt im Hula Club auf.
Ah, der Hula Club: Ewiger Geheimtipp an der Basler Sperrstrasse 97, ein Traumort, zumindest für die Eingeweihten, die ihn kennen, und ein grosses Fragezeichen für jene, die ins Stutzen kommen, wenn man vom gemütlichen, ganz in Hawaii-Stil gehaltenen Hinterhofkeller dieses grauen Kleinbasler Mehrfamilienhauses schwärmt.
Tatsächlich hat die Location Kult-Status. Einerseits Relikt eines verblassten Zeitgeists, wo man noch unschuldig vom Pazifik träumte und Fotos von traditionell gekleideten Einheimischen das Fernweh beflügelten. Andererseits lebt dort unten, zwischen Ketten aus Plastikblumen, fröhlicher Palmdeko und heute fast schon rührselig anmutendem Täfer die Seele jener Zeit weiter.
Erinnerungen ans Hawaii-Fieber der 1950er-Jahre
Das Lokal im Hinterhof gibt es seit 1979 – und zwar als Bandkeller der Basler «Hula Hawaiians». Die Gruppe ging aus den «Okinawa Hawaiians» hervor, die wiederum ihren Ursprung als «Basler Strizzi» hatten, eine Gruppe von drei Basler Jungs, die in den 1940er- und 1950er-Jahren vom Hawaii-Musikfieber gepackt wurden, ein Gefühl, das sie über Jahrzehnte nicht mehr loslassen sollte. Im Keller an der Sperrstrasse wurde geprobt, konzertiert, und es entwickelte sich ein harter Kern, der laufend weitere Gäste und Vereinsmitglieder anlockte.
Heute wird der Hula Club mit seiner Originaldekoration von neuen Leuten geführt. Seit Dezember 2024 ist der «Verein Hula Club» aktiv, der auf seiner Website das Wirken der Vorgänger würdigt. Dort steht: «Nach über 28 Jahren haben sich am 17. Dezember 2024 Esther Soland und Heinz Haag an einem festlichen Konzertabend im Hula Club verabschiedet.»
Heute sind es die Musik- und Kulturbegeisterten Pascal Biedermann, Bruno Kopp, Benjamin Rüdy, Christoph Peter und Thomas Keller, die das Weiterleben des Hula Clubs sichern. Am Dienstagabend – es ist im Hula Club unten immer Dienstagabend – steht Thomas Keller hinter der Bar und grüsst herzlich. Der Innenarchitekt ist stadt- oder zumindest szenebekannt, auch in der Gastronomie. Im Hula Club ist er für die Bar zuständig.
Immer wieder klingelt es, dann wird hinter der Bar die Türe des grauen Mehrfamilienhauses aufgedrückt. Der Hula Club ist ein Mitgliederclub, und finanziert sich über deren Beiträge, wie Kellers Vorstandskollege Bruno Kopp sagt, der ebenfalls an der Bar steht, allerdings auf der anderen Seite, und gerade ein Formular für Neumitglieder improvisiert. «Mal schauen, wie viele heute kommen», sagt er und schmunzelt. Kopp rechnet mal mit 30 Leuten an diesem Abend. «Ja, das wäre ein gutlaufender Abend.»
Schummerlicht, Postkarten und ganz viel Atmosphäre
Das Schummerlicht der gelben und roten Glühbirnen an der Bar unterstreicht die Ausführungen vom Herzblut, das seit nunmehr 46 Jahren in diesen Keller gesteckt wird. Linker Hand liegen zwei Bücher über die «Hula Hawaiians», am Eingang hängen unzählige Postkarten, Fotos und Zeitungsausschnitte von vergangenen Auftritten, von Freunden, von lokalen Musikgrössen.
Man muss nicht mal zweimal hinschauen, um Pink Pedrazzi zu entdecken, einen Basler Musiker, der dem Hula Club eng verbunden ist. Und irgendwie ist es auch kein Wunder, dass Pedrazzis Musikerkollege Pascal Biedermann eine treibende Kraft im neuen Verein ist. «Pascal ist auch der, der mich in den Vorstand gebracht hat», sagt Barchef Keller und lacht. «Der Hula Club ist schon eine tolle Sache: So viel Atmosphäre, Geschichte und ein super Stammpublikum.» Dann unterbricht er, denn es kommen grad neue Gäste durch den Eingang: «Habt ihr reserviert? Nein? Super, ja, nein, das ist überhaupt kein Problem!»
Eine Reservation ist keine Pflicht, aber auch nicht unangebracht, besonders wenn man als Gruppe in den zwar hübschen, aber nicht riesigen Keller steigen will. Oft handelt es sich um Mitglieder oder Angehörige der Bands, die hier spielen, aber Neuankömmlinge sind jederzeit willkommen.
Geöffnet hat der Hula Club immer dienstags und immer dienstags wird aufgetreten. Country, Folk, Singer-Songwriter, Blues – so siehts aus. Und, wie der Verein auf seiner Website schreibt: «Auch die Hula Memories werden regelmässig Abende bestreiten, Heinz-Peter Glatt und Rudi Maggi werden Euch mit weiteren Musikern und Gastmusikern unterhalten.» Klänge aus Hawaii dürfen auch in Zukunft nicht fehlen.
Das hat sich auch Little Chevy vorgenommen. Natürlich heizt sie der Klientel mit gehörig Seele und zwischendurch satten Basler Sprüchen ein, zumal ihre «jüngste Freundin, älteste Freundin und die langjährigste Freundin» im Publikum sitzen. Aber sie unterlässt auch nicht die Reverenz an Pink Pedrazzi, der sie zu ihrem heute ersten Auftritt im Hula Club motiviert hatte – und ordnungsgemäss auf den Einsatz einer Ukulele hinwies. Zwischen Anekdoten greift Markus Werner hinter sich, nimmt ein glänzendes Exemplar zur Hand. «Das klingt ja fast schon... nach indischen Einflüssen!», scherzt Little Chevy ob der Harmonien, die spontan entstehen. Dann legen sie erneut los. Zwischen schmachtend und fetzend, zwischen Show und Intimität.
So geht es in den Abend hinein, während Angelika und Colin hinter der Bar aushelfen, Getränke nachschenken und die Verpflegung reichen, wie sie in Basler Vereinskellern bestens bekannt ist: Sandwiches oder eine warme Wurst. Keller und Kopp zeigen sich beide zufrieden: Das Publikum ist gut gelaunt, Little Chevy fühlt sich sichtlich wohl, die Neumitgliederliste füllt sich. Wo die Reise mit dem neuen Verein hinführt? «Ach, das wissen wir noch gar nicht so genau», sagt Keller. «Wir sind da ganz offen und schauen dann, was es noch braucht.» Denn irgendwie ist es ja schon ein wenig wie auf Hawaii: Erst mal treiben lassen, mit dem Rhythmus mitgehen – und, wenn es dann anzieht, die Welle reiten. So lange es eben passt.
Diese Story ist ursprünglich im LoveYourCity Magazin erschienen – dem Erlebnismagazin für Basel mit Tipps, Geschichten und Highlights aus der Stadt.
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