Die Swiss Indoors – ein Stück Basler Geschichte mit Weltrang. Seit 55 Jahren prägt Roger Brennwald das Turnier mit Bebbi-Charme und Sportsgeist. Ein Highlight, das Basel leuchten lässt – auf dem Court und weit darüber hinaus.

Dass es sich im Alter auszahlt, wenn man ein Leben lang in Bewegung bleibt, dafür ist Roger Brennwald ein blühendes Beispiel. Aufrecht und dynamisch betritt der Mann, der Ende der 1960er-Jahre mit Anfang 20 das heute drittgrösste Tennis-Hallenturnier der Welt ins Leben rief, sein Büro im Headquarter der Swiss Indoors in Allschwil. 79 Jahre alt ist er und kann mit Menschen der Generation X oder Y locker mithalten. Über sein Alter macht er sich kaum Gedanken. «Sonst glaubt es mir mein Hirn am Ende noch», schmunzelt er. Die Arbeit hält ihn jung und gesund. Angesichts seines Scharfsinns und seines analytischen Blicks wäre es eine Verschwendung von Ressourcen, wenn er seinen über 50 Jahre angesammelten Erfahrungsschatz nicht weiterhin in die Swiss Indoors einbringen würde.

Was ist dieser Brennwald für ein Typ, dass er als Jungspund auf die wahnwitzige Idee kam, eine Tennishalle zu kaufen? Wie schaffte er es, aus einem Plausch-Turnier einen hochdotierten Anlass zu machen, der seit einem halben Jahrhundert die Nummer-Eins-Tennisspieler der Welt anzieht? Was bedeuten ihm diese Swiss Indoors persönlich? All das versuchen wir im Gespräch herauszufinden. Eine Spurensuche, die uns Roger Brennwald nicht immer leicht macht. Tausende von Anekdoten hat er auf Lager, zudem zahlreiche Leitsätze, die ihn und seine Karriere geprägt haben. Es gilt, leise Zwischentöne zu spüren, um den Menschen dahinter zu begreifen. Brennwald ist skeptisch. Zu oft wurde er in seinem Leben falsch zitiert, fühlte sich missverstanden, zu oberflächlich abgehandelt. Kaum einer, sagt er, habe es je auf den Punkt gebracht, welche Werte ihm wichtig sind. «Loyalität und Integrität innerhalb eines geschlossenen Teamworks, das nicht auf Leistung und Anstrengung beschränkt ist. Miteinander und nicht gegeneinander heisst die Devise», so Brennwald. Für ihn heisst Leadership aber auch, Verantwortung zu tragen und den Dingen nicht freien Lauf zu lassen. Er ist keiner, der sich verbiegt und den anderen nach dem Mund redet. Swiss Indoors, das ist Roger Brennwald. Dieses Vermächtnis trägt er behutsam auf Händen. Zu Recht.

Enge Bindung zwischen Björn Borg und Roger Brennwald.
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Bescheidener Anfang 1969 in der Ballonhalle mit Matthias Werren
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Das perfekte Sportlerleben

Roger Brennwald ist ein Sportler durch und durch und das seit immer. «Mir wurde ein gewisses Talent für Sport in die Wiege gelegt», meint er bescheiden. «Als 12-jähriger Bub verbrachte ich mehr Zeit auf dem Fussballplatz als hinter den Hausaufgaben.» Der vier Jahre ältere Karli Odermatt wollte ihn zum FC Concordia holen, doch Vater Brennwald sprach ein Machtwort. «Das waren die 1950er-Jahre. Fussballspielen gehörte sich damals nicht», so Roger Brennwald, der sich fortan auf Leichtathletik und Handball konzentrierte. Kugelstossen, Speer, Weitsprung oder Laufdisziplin – überall feierte er Erfolge. Zudem spielte er bereits mit 16 Jahren in der Nationalliga A des RTV Basel, wenig später in der Handball-Nationalmannschaft. Tennis spielte er nur am Rande. «Ein ernstzunehmender Tennisspieler war ich nie.» Beruflich absolvierte Brennwald die kantonale Handelsschule, liess sich zum Devisenhändler ausbilden. 19 Jahre lang arbeitete er bei der BIZ, der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich. «Zu jener Zeit erfuhr ich parallel zur Organisation der Swiss Indoors die beste Lebensschule, die man sich vorstellen kann.»

Von der irrwitzigen Idee zum Geschäftsmodell

Auf dem einzigen verfügbaren Indoor Tenniscourt der Region, in der Messe Basel, wurde Roger Brennwald eines Tages mit desolaten Zuständen konfrontiert. «Wir spielten bei Dämmerlicht und minus zwei Grad mit Handschuhen auf Beton. Mitten im Feld Gulli-Deckel, von denen der Ball in alle Richtungen sprang; schlicht unzumutbare Verhältnisse.» Doch wie das Leben so spielt; in der Rekrutenschule in Thun traf Brennwald auf einen passionierten Tennisspieler, der ihn auf die Idee brachte, der Hallenmisere ein Ende zu bereiten und eine Tennishalle anzuschaffen. Wie sich später herausstellte, ein Schlüsselereignis für sein ganzes späteres Leben.

«Als mein Vater von der Idee erfuhr, schüttelte er nur den Kopf.» Roger Brennwald lacht. Das Vermieten von Hallenplätzen an Tennisspieler schien Vater Brennwald ein dubioses Geschäftsmodell. «Er riet mir, auf das riskante Vorhaben zu verzichten. Aber mein Bauchgefühl sagte etwas anderes.» Roger Brennwald fand einen Fabrikanten von Traglufthallen in Schweden. Weil seine Ersparnisse für deren Kauf nicht ausreichten, handelte er bei einer Bank einen Kredit über 40'000 Franken aus. Im Jahre 1969 montierte er die erste Ballonhalle der Schweiz auf dem Areal des Tennisclub Coop in Muttenz. Innerhalb zweier Monate wurde der Kredit zurückbezahlt. Roger Brennwald kann nämlich nicht nur mit Bällen umgehen, sondern auch mit Zahlen.

Am Ende der ersten Tennis-Wintersaison zündete der 23-jährige Brennwald die Turnierrakete und schickte sie auf Umlaufbahn. Er organisierte ein Turnier für alle, die in seiner Halle trainiert hatten. Mit dabei waren die besten Tennisspieler der Schweiz, alle aus Basel, unter ihnen Matthias Werren, Martin Froesch, Ernst Schori und Heinz Grimm. Den rund 50 Zuschauerinnen und Zuschauern, die am Rande der Ballonhalle Platz fanden und aufpassen mussten, nicht von einem querfliegenden Tennisball getroffen zu werden, wurde bereits im allerersten Brennwald-Turnier Tennis der nationalen Elite geboten. Damaliges Budget: 1000 Franken. Der Siegerpreis in Form einer Armbanduhr wurde von einem Onkel gesponsert, dem die Uhrenfabrik Zodiac in Le Locle gehörte.

Roger Brennwald überreicht Guillermo Vilas nach dem Finalerfolg über John McEnroe den Siegerpokal (1978).
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Ein Bild für die Ewigkeit: Ballboy Roger Federer flankiert von Mansour Bahrami und Jimmy Connors (1995).
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Pioniergeist, kluge Entscheidungen und ein wenig Glück

Rückblickend sind wohl auch glückliche Fügungen verantwortlich dafür, dass die Swiss Indoors bis heute die Massen begeistern. Der Schlüssel zum Erfolg jedoch liegt in Roger Brennwald selbst. Er ist ein Pionier und Visionär mit unerschütterlicher Leidenschaft, mit feinem Gespür für Chancen und Entwicklungen im Schweizer Sport und der Begabung, im richtigen Moment am richtigen Ort zu sein. Anders ist es nicht zu erklären, dass er 1974 beherzt in die Kabine des mehrfachen Wimbledon-Siegers Björn Borg in Roland Garros in Paris spazierte und ihn auf das Turnier in Basel ansprach. Borg band seine Schuhe und fragte kühl: «Wo liegt denn Basel?» Diese Begegnung blieb beiden in den Köpfen hängen – ein weiteres Schlüsselerlebnis in der Historie der Swiss Indoors. Borg, der Rockstar unter den Sportlern, kam 1975 erstmals für ein Showturnier nach Basel. Die Besucherzahlen explodierten.

Mit glühenden Augen berichtet Roger Brennwald vom sagenhaften Endspiel 1980 zwischen Borg und Lendl, an dem der unbekannte 19-jährige Lendl den fünffachen Wimbledon-Sieger Borg in einem legendären Finale schlug … «In der Swiss-Indoors-Geschichte sind dermassen viele verrückte Dinge passiert, dass man kaum einen Satz zu Ende führen kann, ohne gleich mit einer weiteren Anekdote zu beginnen.» Ein Buch müsste es geben über Roger Brennwald und seine Erlebnisse in der Tenniswelt, die sich durch die Kommerzialisierung im Laufe der Jahre spektakulär veränderte. Eines, in dem er auch seine wie Leuchtfeuer im Gespräch aufflammenden Leitsätze erläutern könnte:A deal is a deal! Alles ist schwierig, bevor es einfach wird! Sei immer zu einem Gespräch bereit, der andere könnte ja recht haben! Wer keine Freude hat an den Menschen, an dem haben die Menschen auch keine Freude!

Pete Sampras, 286 Wochen die Nummer 1 des Welttennis und stolzer Sieger an den Swiss Indoors 1996.
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Yannick Noah besiegt Ronald Agenor im ersten ausschliesslich dunkelhäutigen Finale der Tenniswelt (1987).
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Mehr als ein Tennisturnier

Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, den Menschen Roger Brennwald in ein paar hundert Zeichen zu fassen. Gerät er ins Erzählen, sprudeln wundersame Geschichten längst vergangener Tage aus ihm heraus. Dem Perfektionismus geschuldet verzweifelt er latent darüber, dass diese zahlreichen besonderen Begebenheiten auch in diesem Text wieder keinen Platz finden werden, ja, keinen Platz finden können – wie auch, es sind einfach zu viele. Mit über 2000 Tennisspielern hatte er es zu tun, darunter Namen wie Jimmy Connors, John McEnroe, Andre Agassi, Ivan Lendl, Pete Sampras, Boris Becker, Roger Federer, Rafael Nadal oder Novak Djokovic. Mit jedem einzelnen Spieler verbinden ihn Erinnerungen. Doch der Platz ist knapp und verlangt nach letzten Highlights. Besonders am Herzen liegt Brennwald die Jugendförderung – am Sitz der Swiss Indoors befindet sich das von ihm erstellte Sportcenter Paradies, in deren Academy wöchentlich bis zu 400 Kinder und Jugendliche geschult werden – auch das aktuelle Schweizer Jungtalent Henry Bernet begann seine Karriere hier und es ist hinlänglich bekannt, dass der junge Roger Federer einst Balljunge bei den Swiss Indoors war.

Sein Schlussplädoyer widmet Roger Brennwald der Stadt Basel, seiner Heimat. «Hier bin ich geboren, aufgewachsen, zur Schule gegangen, hier bin ich tief verwurzelt», erklärt er. Und mit ihm sind es die Swiss Indoors, die seit 1975 in der St. Jakobshalle stattfinden. Dass die Swiss Indoors mehr sind als ein Tennisturnier, betont Brennwald mehrfach und mit Nachdruck. «Die Swiss Indoors sind ein Happening, in deren Zentrum das Zusammenführen von Menschen steht. Hier fiebern, feiern, lachen und weinen Jung und Alt gemeinsam. Nicht selten entstehen dabei Freundschaften und sogar Partnerschaften fürs ganze Leben.» Roger Brennwald, der Pionier, schuf dieses Turnier aus einem unermüdlichen Drang heraus, Neues zu schaffen, Grenzen zu verschieben und aus kleinen Anfängen Grosses entstehen zu lassen. Seit 55 Jahren ist er der Mann hinter den Swiss Indoors, der mit Struktur, Durchhaltevermögen, Verständnis und Geduld für unvergessliche Sportereignisse sorgt. «Mir konnte im Leben nichts Besseres passieren! Dafür bin ich allen, die mich auf der langen Wegstrecke unterstützt und begleitet haben, unendlich dankbar», beendet er seine zweistündige, flammende Rede in seinem Büro und lächelt spitzbübisch. «Hoffentlich habe ich Sie mit meinen Erzählungen nicht erschöpft.»

Swiss Indoors Basel in Kürze

- 1970 ins Leben gerufen vom Basler Roger Brennwald
- Drittgrösstes Hallentennisturnier der Welt
- Gehört zur Formel ATP Tour 500
- Grösster alljährlich wiederkehrender Sportevent der Schweiz
- Budget: CHF 18,5 Mio.
- Zieht jährlich rund 60'000 Menschen an
- Total 3500 TV-Stunden in 150 Ländern der Welt
- 17 Jahre lang war Oettinger Davidoff Titelsponsor des Turniers
- Am Eröffnungstag, dem «Super Monday», sorgten Weltstars wie Montserrat Caballé, Paul Anka, Udo Jürgens oder Anastacia für magische Momente.
- Bis auf Yanick Sinner spielten alle Nummer 1 Spieler der Welt in Basel.
- Für seine Verdienste wurde Brennwald mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt – darunter mit dem «Lifetime Award».

swissindoorsbasel.ch

Diese Story ist ursprünglich im LoveYourCity Magazin erschienen – dem Erlebnismagazin für Basel mit Tipps, Geschichten und Highlights aus der Stadt.
Die Ausgabe gibt’s auch online zum Durchblättern. 👉 LoveYourCity Magazin Editionen 2025