Die Bäckerei Kult ist am Voltaplatz angekommen. Der neue Standort spiegelt die Leidenschaft fürs Handwerk – während am Kleinbasler Geburtsort bald gefeiert wird.

Wie schreibt man über eine Bäckerei, deren Name längst Kultstatus hat – deren Inhaberinnen und Inhaber aber keinen Personenkult wünschen? Man versucht, sich über die Betriebskultur anzunähern.

Das geht bei der Bäckerei Kult sogar ausnehmend gut. Sie ist eine der jüngsten, zugleich aber erfolgreichsten Bäckereien von Basel. In kurzer Zeit expandierte das 2016 an der Riehentorstrasse gegründete Unternehmen: Ein Jahr später folgte der zweite Standort im St. Johann, der sich seit Ende 2024 – heller und grösser – am Voltaplatz befindet.

Dort setzt sich nun Lukas Schertenleib zum Gespräch, gross, freundlich und aufmerksam. Er ist der amtsjüngste Mitinhaber der Bäckerei Kult, die alle noch unter 40 Jahre alt sind. Schertenleib – oder sprechen wir besser von Lukas, denn Vornamen gehören hier zur Kultur – gibt gerne Auskunft, fürs Bild wird er später aber vor allem auf die Backstube verweisen. Ein Einzelporträt wäre nicht opportun.

Die Backstube ist nicht nur das betriebliche – und am Voltaplatz absichtlich gläserne – Herz des Unternehmens, sie bildet auch die Identität des Hauses ab. Oder wie es Lukas formuliert: «Wir sind hier alle Teil vom Ganzen.» Das ist nicht einfach Employer-Branding-Sprech, wie er heute gerne auch in Grossunternehmen angerührt wird, um semantische Wir-Gefühle zu schüren. In der Bäckerei ist der gesprochene Satz das Resultat einer gewachsenen Betriebskultur und nicht erst der Wunsch nach einer solchen.

Aber beginnen wir dort, wo die besten Geschichten beginnen: Beim Essen beziehungsweise beim Brot. Das hat die Bäckerei Kult, als sie den Betrieb in der ältesten existierenden Backstube der Nordwestschweiz aufnahm, nicht per se neu erfunden. Aber das Gründungsteam hat es zum Ursprung zurückgeführt und von dort aus weiterentwickelt. Die Zutaten sind regional, das Vorgehen ist traditionell und sorgsam. Allein der Teig ist ein langsamer Prozess: Ist er zubereitet, ruht er erst mal. Erst dann wird gebacken.

Diese umständliche Art klingt fast etwas kontraproduktiv in einer auf Wachstum fokussierten Wirtschaft, ist aber in der Tat wesentlicher Bestandteil des Erfolgs. Expansion per se ist auch nicht im Sinn der Bäckerei. «Wir wachsen organisch», sagt Lukas. Oder anders gesagt: Man bäckt, was gebraucht wird, ohne den Markt anzuheizen. Der Kundschaft gefällts: Den allergrössten Teil des Umsatzes macht die Bäckerei im Ladengeschäft. Lieferungen an Hotels und Lokale machen einen deutlich kleineren Teil aus.

Eine Quartierbäckerei von Stadtformat

Entsprechend zielt die Bäckerei Kult nicht auf ein ausgedehntes Filialnetz ab; auch das wäre aufgeblasen. Es gilt: Der Teig muss ruhen, bis er gut ist. Dasselbe gilt für die Betriebsentwicklung. So sei es auch möglich gewesen, die aktuelle Pop-Up-Bäckerei auf dem Bruderholz zu eröffnen, wie Lukas sagt: Die Gelegenheit bot sich, man war parat und konnte die Chance nutzen. Eine Zwangsexpansion wird daraus aber nicht gemacht.

Denn die Bäckerei Kult ist eher eine klassische Basler Quartierbäckerei, einfach von Stadtformat, als dass sie eine Grossbäckerei wäre, die ein breites Netz zu beliefern hat. Das Kult-Team hat den sprichwörtlichen «Sweet Spot» erreicht, wo es sich auf handwerklich hohem Niveau produzieren und gleichzeitig als KMU mit rund 50 Mitarbeitenden funktionieren lässt.

Ein Beispiel? Das neue Vollkornbrot, das gerade entwickelt wird. «Jedes Jahr nehmen wir uns vor, eine Brotsorte zu überarbeiten», sagt Lukas. «Aktuell ist es das Vollkornbrot: Unser Sauerteig-Experte Sebastian hat an der Rezeptur getüftelt und verbessert, jetzt haben wir ein fluffiges, aber festes Brot, das nun noch finalisiert wird.» Er zeigt auf einen verpackten Laib hinter der Theke: «Das ist es.» Mitarbeitende werden gebeten, davon zu kosten und ihr Feedback an Sebastian zu geben. Mit deren Rückmeldungen wird er das Brot finalisieren.
Im Mai soll es so weit sein.

Das Kulturgut Brot im Scheinwerferlicht

Was für Private nach viel Tüftelei klingt, ist in der Gastronomie normal. An einer Rezeptur wird so lange gefeilt, bis das Ergebnis stimmt. Auch beim Kulturgut Brot. Die Herausforderung ist, die neue Rezeptur so über das gesamte KMU auszurollen, dass es regelmässig, konsistent und in ansprechenden Mengen produziert werden kann. Dafür muss nicht nur der Prozess stimmen, sondern auch das Know-how des Teams. Das ist ein weiterer Teil der Betriebsseele: Die Mitarbeitenden funktionieren miteinander. Ein Vorteil ist, dass viele im selben Alter sind. Da ist ein junges, erfahrenes Team am Werk.

Zum Beispiel Guillaume. Er ist an diesem Freitag mit der Schneckenproduktion beschäftigt. Seine Arbeitsstube ist deutlich abgesetzt von dort, wo der Ofen steht – ein räumlicher Vorteil am Voltaplatz, der genutzt sein wollte, wie Lukas sagt: So kann man optimale Temperaturen für den Teig und auch die Butter schaffen. Wäre ein Ofen in der Nähe, würde die Qualität eher leiden.

Die Fronten sind verglast, entsprechend hat Guillaume immer wieder Zuschauerinnen und Zuschauer, wenn er den Teig aus der Ausrollmaschine zieht, flink die selbst hergestellte Pistazienpaste verteilt, den Teig rollt, schneidet und die Portionen aufs Blech legt; immer und immer wieder. Die Verglasung ist in doppelter Hinsicht Absicht: Einerseits sollen die Gäste und die Vorbeiflanierenden zuschauen können, «das ist quasi unser Bildungsauftrag», wie Lukas sagt. Andererseits haben die Bäckerinnen und Bäcker damit möglichst viel Tageslicht zum Arbeiten. Den Zuschauerinnen und Zuschauern gefällt das. Die Kita von nebenan hat sich davon zu Zeichnungen inspirieren lassen, die nun im Lokal hängen.

Wie es nun weitergeht? Erst einmal wird gefeiert. 2026 steht das 10-Jahre-Jubiläum der Bäckerei Kult an, gleichzeitig aber auch das 300-Jahre-Jubiläum der Ur-Backstube im Kleinbasel. Das braucht so seine Vorbereitungen, besonders in einem Geschäft, das mit Umsicht zugange ist. In der Zwischenzeit versüsst man sich die Zeit mit dem neu entwickelten Vollkornbrot. Dessen Teig wird vor dem Backen selbstverständlich auchdie nötige Ruhe erhalten.

Diese Story ist ursprünglich im LoveYourCity Magazin erschienen – dem Erlebnismagazin für Basel mit Tipps, Geschichten und Highlights aus der Stadt.
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